Was das Abkommen mit dem Iran bedeutet

Es ist jetzt 5 Jahre her, dass Obama von einer offenen Hand, unter anderem in Richtung Iran, sprach. Trotzdem hat es bis 2013 gedauert, erste sichtbare Ergebnisse zu produzieren: Ein Abkommen mit dem Iran ist möglich. Zum ersten Mal gibt es signifikante Fortschritte. Zeit also, sich zu fragen, was für Auswirkungen das auf die Region haben wird.

Seit der islamischen Revolution hat sich die politische Struktur des Nahen Ostens radikal verändert. Der Iran, einst engster Verbündeter der USA (und Israels) wurde zur feindlichen Nation, eine Regionalmacht verlor ihre Machtbasis und sämtliche Allianzen. Das nächste Jahrzehnt verbrachte der Iran in weitgehender außenpolitische Stagnation: Krieg gegen den Irak, Konflikte mit fast allen anderen Ländern, ein allgemeiner Machtverlust, der nicht kompensiert werden konnte.

Der Iran sah sich nun in einer Region mit einem relativ stabilen Bündnissystem, in dem es keinen Platz für ihn gab. Seinen Einfluss dehnte das Land dann über Syrien und nichtstaatliche Akteure aus, also beispielsweise die Hisbollah oder vereinzelte schiitische Gruppierungen. Die USA dagegen verschoben ihre Bündnispolitik. Die Golfstaaten wurden wichtiger, ebenso Israel.

Die Hippies verpassen sich

Bis 1989 befinden sich die USA und der Iran indirekt im Krieg miteinander, durch die Unterstützung des Westens für Saddam Hussein. Danach verpassen sich die Präsidenten, die sich für bessere Beziehungen engagieren (könnten). Chatami kommt 1997 an die Macht und läutet eine Phase der Öffnung ein im Iran. Während er sich zunächst um Innenpolitik kümmert, engagiert sich Clinton erstmal im Nahostkonflikt. Bevor die beiden moderaten Politiker aber ernsthafte Fortschritte in den US-Iranischen Beziehungen erzielen können, kommt der Hardliner Bush ins Amt.

Der erklärt dann auch den Iran zur Achse des Bösen, anstatt das Angebot, beim Kampf gegen Al Qaida und die Taliban zu kooperieren, anzunehmen. Und kurz darauf kommt sein Counterpart an die Macht: 2005 wird Ahmadinedschad Präsident und provoziert seitdem die internationale Community mit radikalen Sprüchen. Da hilft es auch wenig, dass mit Obama 2008 ein Amerikaner Präsident wird, dem Verhandlungen wirklich am Herzen liegen.

Die Verhandlungen, das wird jetzt klar, müssen schon zu Ahmadinedschads Zeiten begonnen haben, auf verschiedenen Ebenen. Es dürfte aber kein Zufall sein, dass konkrete Erfolge erst nach der Wahl des moderaten Rohanis erzielt wurden. Im Iran hat sich der verhandlungsfreudige Kurs durchgesetzt, ebenso in den USA.

Und über sowas verhandelt ihr Jahrzehnte?

Das Ergebnis ist eigentlich relativ einfach zu umschreiben: Jeder tut genau das, was der andere seit Jahren fordert. Der Iran reichert weniger an und lässt Kontrollen zu, dafür werden die Sanktionen gelockert und Gelder ins Land gelassen. Beide Seiten versuchen seitdem, das als ihren Sieg zu verkaufen, aber letztlich waren einfach die Sanktionen erfolgreich und haben eine Kursänderung des Irans in der Atompolitik erreicht.

Damit ist der strittigste Punkt ausgeräumt. Auch an einer anderen Front gibt es Bewegung: Der Iran hat versöhnliche Töne in Syrien angestimmt, eigentlich sogar mehr, als Russland. Auch der Iran hat kein Interesse an einem instabilen Syrien und einem islamistischen Staat, der Teile Syriens und des Iraks umfasst (und damit in Irans Hinterhof tätig wird). Immerhin ist der Iran einer der vielen Todfeinde Al Qaidas.

Aber freuen wir uns mal nicht zu früh. Der Iran will immer noch Assad als Herrscher sehen, der Westen lieber nicht. Darum auch dieses geeiere, ob der Iran nun an der Syrienkonferenz teilnehmen soll, oder nicht. Klingt sinnvoll: Laden wir eine Regionalmacht mit einem direkten Draht zum Regime in Syrien aus. Kann bestimmt nicht schaden…

Gemeinsame Interessen und Konfliktlinien

Das gemeinsame Interesse des Irans und der westlichen Staaten in Syrien wie im Irak und Libanon dürfte wohl Stabilität sein. Die Geister scheiden sich dann an der Frage, wer die Macht hat. Der Iran hat dabei bedeutenden Einfluss in der Region; seine Unterstützung könnte enorm wichtig sein, um die genannten Staaten zu stabilisieren. Dafür müsste aber gesichert sein, dass es nur um Stabilität, nicht um eine Verschiebung der Machtverhältnisse (und damit einen iranischen Machtverlust) geht.

Das aber könnten die USA nicht einmal zusichern, wenn sie es wollten (und nein, sie wollen es nicht). Dafür sind die Golfstaaten zu sehr darauf bedacht, ihren Einfluss gegen einen bald wirtschaftlich aufsteigenden und politisch weniger isolierten Iran zu verteidigen. Damit ziehen sie die USA in Konflikte mit den USA, die nicht direkt im amerikanischen Interesse liegen. Ähnlich agiert da (oh, die Ironie) Israel, das kein Interesse an einer weiteren, feindlichen Regionalmacht hat, egal ob dieser Staat nun Atomwaffen besitzt oder nicht. Ein international nicht länger isolierter Iran, mit bedeutendem Einfluss in Irak, Syrien und Libanon, könnte Hisbollah, Hamas oder auch nur die PLO noch stärker unterstützen und den israelischen Einfluss etwa auf den Libanon und Jordanien bedeutend schwächen.

Trotz all dieser Konflikte gibt es Möglichkeiten für die USA, punktuell mit dem Iran zu kooperieren. Im Kampf gegen Terroristen könnte der Iran sowohl in Afghanistan als auch im Irak bedeutende Arbeit leisten. Eine verstärkte Kooperation würde auch möglichen Terroristen im Iran das Leben erschweren. Und letztlich wird eine Regionalmacht wie der Iran bedeutend bei jedem Konflikt in der Region sein, und dabei vor allem helfen können, Stabilität zu garantieren oder herbeizuführen.

Die nächsten Monate werden also zeigen, ob es zu einer verstärkten Kooperation zwischen dem Iran und den USA kommt (von denen beide profitieren, und die Israel wie den Golfstaaten schaden) oder ob es bei dem reinen Abkommen bleibt. Klar ist aber jetzt schon: Mit dem Zusammenbruch der Isolation des Irans eröffnen sich neue Möglichkeiten und Dynamiken in der Region. Spannend bleibt nur, wer diese auch zu nutzen weiß.

 

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