Die Dagegen Partei

Ach was haben unsere Konservativen momentan für Probleme – da rennen einem die Wähler davon, der Koalitionspartner, der 2009 vor Kraft nicht laufen konnte, zittert um den Wiedereinzug in zahlreiche Parlamente, und ein Programm ist kaum noch zu erkennen. Die eigene Vorsitzende sieht man kaum noch an der Spitze in Umfragen. Da kommt die Lösung aus dem Süden.

Angefangen hat das ganze während Frau Merkels Urlaub – plötzlich war doch glatt ne Grundsatzdebatte im Gange! Zu wenig C in CDU/CSU, zu wenig Profil, zu unauffällig die Kanzlerin, zu wenige innerparteiliche Debatten. An wen erinnert uns das? Genau – unsere lieben drolligen Sozialdemokraten nach Schröders Abgang. Zu oft hatte man den Kurs plötzlich gewechselt, zu wenig Programm und Profil gab es, und die eine Figur auf die die Partei nunmehr zugeschnitten war, war auch weg.

Weg ist Merkel noch nicht – aber man nahm sie zeitweise sogar weniger stark wahr als Schröder. Irgendwo muss also eine Lösung her. Die einen fordern mehr Populismus (ungeachtet der Tatsache, dass man im Bundesrat auf die Zustimmung anderer angewiesen ist), die anderen fordern ein einfaches Programm (Flattax!!), das auch wirklich jeder verstehen kann, und wieder andere suchen nach Möglichkeiten, auch ohne eine innerparteiliche Reform und besseres Programm gewinnen zu können.

Und wieder sieht man hier den Einfluss der Sozialdemokraten – was war doch gleich deren Rezept? Das älteste Rezept der Politik? Genau: eine Politik nicht für etwas, sondern gegen etwas. Damals war das zum Beispiel eine CDU mit “diesem Professor”, einem gewissen Herrn Kirchhoff, der im übrigen auch vor kurzem eine Flattax gefordert hat. Und kurz danach war das wer? Genau – die Partei die Linke. Und hat das funktioniert? Leider nicht. Davon hat die CSU nun gelernt – von Schröder lernen heißt halt siegen lernen – und fing auch munter an mit Anti-Kampagnen.

Die Botschaft solcher Kampagnen ist so einfach wie wirkungsvoll – sie sagen, seht her, ihr wisst zwar nicht, wer wir sind, aber ihr wisst, wir sind besser als die da, die Schmuddelkinder! Das hat damals hervorragend geklappt im 2-3 Parteiensystem – die Kommunisten mussten SPD wählen um Strauß zu verhindern, die Nazis CDU/CSU, um Brandt zu verhindern. Die Kampagnen waren eher implizit – so wirklich als Hauptprogrammatik kam das selten auf. Immer mal wieder wurde vor “radikalen” Parteien gewarnt – NPD, Grüne, Kommunisten, aber bei all dem wurde nicht das Kreuz bei einem selbst damit legitimiert, die Machtergreifung der anderen zu verhindern, es wurde lediglich von der Wahl dieser abgeraten. Dann aber wurden Grüne und PDS/die Linke koalitionsfähig, und geboren wurden die echten Anti-Kampagnen.

Die CSU fing damit vor einigen Monaten munter an – gegen die Grünen sollte es gehen und war ein Flop der seinesgleichen sucht. Quer durch alle Parteien ging die Kritik, auch aus den eigenen Reihen wurde der Spot als lächerlich und geschmacklos bezeichnet. Die Kritik an den Grünen ging natürlich einher mit Wortmeldungen über diese Hippietruppe ohne Führungsqualitäten – den Höheflug der Grünen bremste dies genausowenig wie die SPD Kritik an der Linken diese großartig schwächen konnte, eher im Gegenteil.

Und was passiert nun? Die CSU fordert doch allen ernstes ein Linken-Verbot. CSU? War das nicht diese Partei die – mit, wie ich meine, vollkommen validen Argumenten – gegen das Verbotsverfahren gegen die NPD war? Ja, genau aus dieser Partei kommen nun Stimmen die ein Linken Verbot fordern. Zitat aus dem Tagesschauartikel:

Linkspartei-Chefin Gesine Lötzsch betreibe mit ihrer Suche nach “neuen Wegen zum Kommunismus” eine “unerträgliche Verklärung des sozialistischen Systems”, sagte Dobrindt der “Bild am Sonntag”. Dies müsse “eine verschärfte Beobachtung dieser Partei durch den Verfassungsschutz zur Folge haben”, forderte Dobrindt. Auf dieser Grundlage müsse geprüft werden, ob gegen die Linkspartei nicht ein Verbotsverfahren eingeleitet werden sollte, so der CSU-Generalsekretär.

Dobrindt forderte zudem Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit auf, nach den Wahlen am 22. September auf eine erneute Koalition mit der Linkspartei zu verzichten. Wowereit müsse vor der Wahl “klipp und klar erklären, dass er mit denen, die offen sagen, dass sie eine andere Republik wollen, nicht mehr regieren wird”.

Wenn ich also das sozialistische System verkläre, dann ist das Verfassungsfeindlich? Wo genau steht denn in der Verfassung, dass der Sozialismus böse ist? Unsere Republik ist – wenn überhaupt – antifaschistisch, und selbst bei der Strafverfolgung von Verklärungen des 3. Reichs gibt es so einige juristische Schwierigkeiten. Wie will man eine Verklärung des Sozialismus belangen – wohlgemerkt, nicht strafrechtlich, was über Opferinteressen gehen würde, sondern als Verfassungsfeindliche Tat? Und mehr noch – wie will man eine ganze Partei deswegen verbieten?

Wo genau findet sich denn im Programm der Linken eine Verherrlichung der DDR? Nur diese wäre leider zu belangen, und selbst dies würde sich schwierig gestalten – stattdessen finden sich bloß Distanzierungen. Diesen mag man keinen Glauben schenken; für ein Verbotsverfahren muss es aber etwas Konkreteres geben als bloße Vermutungen und vage Assoziationen. Und das Wort Kommunismus allein ist zwar politisch verpönt hierzulande; für ein Verbotsverfahren ist das jedoch definitiv nicht ausreichend, vor allem wenn sich zahllose Linkenpolitiker davon distanziert und Frau Lötzsch kritisiert haben.

Und was die letzte Forderung angeht – in Berlin eine andere Koalition zu fordern würde letztlich niemandem so sehr nützen wie gerade der Linken und den Grünen. Der Linken, weil sie sich wieder diskriminiert fühlen dürfte, den Grünen, weil es eine weitere Koalition mit der SPD gäbe, in der sie noch mehr zu sagen hätten. Kurz, die direkten Gegner der CDU/CSU würden davon am meisten profitieren. Der CSU kanns egal sein – die Linke hat in Bayern sowieso einen schweren Stand. Der CDU aber schadet Dobrindt damit nur – und dem politischen Klima.

Denn über den “die Linke ist böse” Kindergarten, über den sollten wir so so langsam, 4 Jahre nach der Gründung sowie knapp 20 Jahre nach dem Mauerfall, hinweg sein.

 

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