Es ist soweit – Fastenzeit!

Einmal im Jahr beginnt sie wieder – die islamische Fastenzeit. Ob Ramadan, Ramazan, oder wie auch immer man es sonst so nennt, Millionen Menschen auf der Welt fasten einen Monat lang gemeinsam. EIne Gute Gelegenheit, einige Dimensionen des Fastens zu beleuchten.

FAQ

FAQ – für die Internetausdrucker: das heißt frequently asked questions und soll sich hier auf die klassischen Fragen beziehen, die in diesem Monat von Unwissenden so gestellt werden. Einer der absoluten Klassiker ist dabei die Frage nach dem wieso.

Wer jetzt eine ellenlange, koranische Geschichte erwartet derzufolge das Fasten eine religiöse Pflicht darstellt, den muss man leider meist enttäuschen. Da mag die eine oder andere Geschichte sich umtreiben – wirklich bekannt ist aber keine davon. Die klassischen Antworten haben denn auch mehr mit Selbstdisziplin, Gemeinschaftsgefühl, Tradition oder Empathie für die Hungernden der Welt zu tun. Eine religiöse Praxis irgendwie erklären zu wollen ist darüber hinaus für viele Muslime komisch; schließlich ist sie eben dadurch definiert dass sie eine religiöse Pflicht, also Selbstzweck, ist (ein Argument, das von besonders Gläubigen ebenso wie von weniger Gläubigen vertreten werden kann).

Eine weitere beliebte Frage ist die nach gesundheitlichen Problemen. Fasten sei ja unmenschlich und ungesund. Naja, muss man da anmerken – das gilt auch für Leistungssport. Gegen den äußert man denn auch seltener solche Bedenken. Was spricht also dagegen, wenn erwachsene Menschen sich für eine solche Belastung entscheiden? Ja, Erwachsene; religiös vorgeschrieben ist das Fasten für gesunde, nicht reisende und körperlich fitte Menschen ab der Pubertät, faktisch erlauben viele Eltern das Fasten auch nach der Pubertät nicht. Oder es gibt in einem bestimmten Alter ein “fasten light” – soll heißen, der Verzicht auf Essen in einem kleineren Intervall, nicht aber auf Getränke.

Aber es sei doch wohl heuchlerisch, den ganzen Tag nichts zu essen und sich Nachts den Bauch vollzuschlagen! Diesem besonders gewitzten Argument muss man entgegenhalten dass es eben nicht immer der Fall ist, dass die ganze Nacht gegessen wird bis zum erbrechen – gerade Arbeitende müssen sich zurückhalten, um genug Schlaf für einen halbwegs ausgeglichenen Rhythmus zu finden. Die Praxis, sich ohne Ende vollzustopfen, ist dennoch verbreitet; so sehr man diese aus gesundheitlichen Gründen kritisieren mag, bleibt es jedem persönlich überlassen und ist Sache eines Moslems, das auf Heuchlerei zu prüfen. Eine Komnmerzialisierung des Weihnachtsfestes zu kritisieren kommt als Moslem eben auch nicht gut. Darüber hinaus ist der Anspruch weder, abzunehmen, noch, grundsätzlich auf etwas zu verzichten; es soll nur sich selbst bewiesen werden, dass in einem bestimmten Zeitraum der Geist stärker ist als der Körper.

Mediale Präsenz

So, nachdem wie die Basics geklärt hätten, kommen wir zu einem weiteren Punkt – der medialen Darstellung nämlich. Die ist nämlich seit einigen Jahren immer positiver geworden. Wurde diese Zeit früher gerne ignoriert, so wird seit einigen Jahren querbeet darauf hingewiesen – seien es Print- oder Onlinemedien, sogar im Fernsehen wurde vor allem letztes Jahr auf dem Fastenmonat hingewiesen, dazu beglückwünscht, darüber erzählt. Dieses Jahr hat die Berichterstattung spürbar nachgelassen – ob das etwas mit der zwischenzeitlich stattfindenden Sarrazindebatte zu tun hatte? Oder ist das lediglich Ausdruck einer Normalisierung?

Aber seit Sarrazin lässt sich auch eine positive Veränderung feststellen – es scheint mir seltener die Rede vom “Fasten der Muslime” zu sein und mehr die Rede vom “Fasten der Muslime in Deutschland”. Vielleicht heißt es bald das “Faste der deutschen Muslime”? Nein, liebe PC-Jammerer, ich fordere hier nicht normativ eine bestimmte Ausdrucksweise, ich benutze lediglich die Ausdrucksweise im öffentlichen Diskurs als Indikator für Denkstrukturen.

Die Vernachlässigung des Fastenmonats hat aber vor allem damit zu tun, dass es dieses Jahr eben kein Sommerloch gibt. Und vor allem gibt es keinen Magel an Nachrichten im arabisch-islamischen Raum. So wird denn auch vom Ramadan vor allem im Zusammenhang mit dem arabischen Frühling gesprochen – wozu wir als nächstes kommen wollen.

“impact” des Fastenmonats

Ja wie soll man das jetzt formulieren, politische Dimension, wirtschaftsliche, soziale, kulturelle? Nennen wir es einfach “impact”. Und der ist ebenso überschätzt wie groß.

Groß ist der Einfluss, weil die Menschen in dieser Zeit spiritueller sind und stärker ihren Alltag reglementieren. So wird besonders viel eingekauft, es wird vor allem frühzeitig viel eingekauft, gerade in mehrheitlich islamischen Ländern wird anders gearbeitet, es gibt Schul- und Semesterferien, und all das wirkt sich natürlich auf das Freizeitverhalten aus.

Mehr Zeit für Muße, geselliges Beisammensein heißt das normalerweise. Und, so viele Kommentatoren, eine stärkere Gereiztheit, die rebellisch macht. Bei letzterem muss man aber denn auch schmunzeln. Mehrheitlich islamische Länder sind vor allem eins – seit Jahrzehnten arm. Gehungert wird sowieso, jetzt hat man oft immerhin Spenden reicherer Bürger oder die eigenen Ersparnisse. Und gerade in den Ländern des arabischen Frühlings waren es eine besonders hohe Arbeitslosigkeit und Nahrungsmittelpreise, die die Proteste beflügelt hatten – seitdem hat sich die Lage eher verschlimmert, mit der Fastenzeit hat die aber auch gar nichts zu tun.

So wird in Ägypten etwa die Fastenzeit wohl vor allem als Zäsur der Revolution wahrgenommen werden – wenn überhaupt.

Anders sieht es da in Ländern wie etwa Syrien oder dem Iran aus. Hier gibt es eine aktive Opposition, die underdrückt wird, und Moscheen, in denen die Menschen politisiert werden (nochmal zu Ägypten – hier hatten die Moscheen oft mit staatlicher Unterstützung den entgegengesetzten Effekt, in Saudi Arabien wurden religiöse Urteile gegen Proteste ausgesprochen). Und wenn aktive Menschen mit einer Tradition der Revolution über Moscheen nun deutlich religiöser werden und sich deutlich stärker an Moscheen orientieren, dann führt das nicht zwangsläufig zu einem Erstarken der Opposition, auf jeden Fall aber zu einer Radikalisierung aller. Im Iran etwa wurde Politik nicht selten in Freitagsandachten betrieben; man denke da etwa an die Predigten im rahmen der Grünen Revolution. In Syrien ist diese Tradition weniger stark; dafür gibt es hier weniger staatsstützende Geistliche.

Grundsätzlich dürfte das also für Zündstoff sorgen, auch wenn der Ausgang nach wie vor unklar ist. Ähnlich unklar ist es, wie sich Irak und Afghanistan halten werden in dieser Zeit. Wird eine steigende Religiösität in dieser Zeit Selbstmordattentäter und Islamisten beflügeln? Werden sie aus Rücksicht auf islamische Gebote Zurückhaltung üben? Oder wird dieser Monat gar den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken? Möglich wäre jeder dieser Optionen – vor allem letztere würde aber eine mittlerweise wirklich vereinigende politische Spitze benötigen. Und daran, so scheint es, mangelt es noch lange.

 

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One thought on “Es ist soweit – Fastenzeit!”

  1. Können nicht alle Deutschen/Österreicher zum Islam konvertieren, das wäre viel schöner so.
    Vielleicht reden wir eines Tages vom muslimischen Deutschland oder muslimischen Österreich. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

     

Juhu! Jemand, der nicht bei facebook kommentiert! Oldschool!