Tja, die Bundestagswahl läuft schon, und das Projekt ist vorbei. Über 130 Umfragen hab ich hier aggregiert, das sind mehr als fünf pro Woche. Zeit für ein kleines Fazit.
Wie man da oben schon sieht, habe ich die letzten fünf Umfragen (vom 19. und 20. September) aggregiert. Dabei kommt die FDP in jeder Umfrage über 5%, Schwarz-Gelb würde trotzdem knapp. Den Grünen geht es in jeder Umfrage so schlecht wie seit (mindestens) 4 Jahren nicht. Linke und Grüne würden demnach beide verlieren, die SPD gewinnen. Aber woran liegt das jetzt?
Im Langzeitvergleich wird dann deutlich, dass der September der schlechteste Monat für die Grünen wäre. Auch vorher schon gibt es einen leichten Abwärtstrend; sehr wahrscheinlich enttäuschte Sozialdemokraten, denen die SPD zu “uncool” war und die jetzt langsam zurückgefunden haben. Nach dem TV-Duell dann wechselten noch mehr Wähler rüber. Wenig geholfen hat die Pädophilie-Debatte, die im Prinzip seit letzter Woche wieder ganz aktuell ist. Ob das die Grünen-Wähler demobilisieren kann, wird sich wohl erst mit der Wahl zeigen.
Eine andere interessante Entwicklung ist die AfD. Die kommt nämlich auf den letzten Drücker an die 5% heran – mit 4,25%. Da fehlt nicht mehr viel für den Einzug in den Bundestag.
Koalitionsmäßig bleibt es spannend. Nachdem Schwarz-Gelb eine Weile geführt hatte, wurde es wieder von Rot-Rot-Grün (oder, wie die taz neuerdings sagt, R2G) überholt. Die Differenz betrug in der letzten Woche gerade mal 0,1%, also eigentlich gar nichts. Der Ampel würden nur weniger Prozente fehlen (im Rahmen des möglichen), Rot-Grün ist weit abgeschlagen – da bräuchte sie noch ordentlich viel Glück, und vor Allem müsste die FDP raus aus dem Bundestag.
Meine vollkommen exklusive, super-duper Vorhersage, auf die niemand alleine gekommen wäre.
Zeit sich ein klein wenig aus dem Fenster zu lehnen und mal ein paar Dinge vorherzusagen. Also: Dass die Union stärkste Kraft bleiben wird, ist fast schon Fakt. Die Frage ist eher, wer mit ihr koalieren wird. Schafft es die FDP überhaupt in den Bundestag?
Ich denke mal ja. Dafür gibt es zu viel strategische Wähler, die die FDP am Leben halten wollen, aber eben auch zu viele Kernwähler. Der Blick auf die Landtagswahlen zeigt nämlich, dass die FDP vor Allem in den Ländern aus dem Landtag flog, in denen sie wenig Stammwähler hatte. Die meisten ihrer ehemaligen Landtagswähler hatten durch die ihrerzeit starke Bundes-FDP zu ihr gefunden – und sie mit dem Schwächeln im Bund auch wieder verlassen. Es gibt aber zu starke Landesverbände (NRW, BaWü), um die FDP ganz aus dem Bundestag zu kegeln. Da das aber auch jeder weiß, wird es andererseits auch nicht, wie in Niedersachsen, für zweitstellige Ergebnisse dank panischer Leihstimmen reichen.
Die AfD wird es hingegen eher nicht schaffen, aus genau dem entgegengesetzten Grund: sie hat zu wenig Stammwähler. Ihre Klientel sind vor allem Protestwähler, und die sind eine unzuverlässige Kundschaft. Wie genau sie sich entscheiden, ist schwerer vorherzusagen, und wird erst an der Urne deutlich. Da tippe ich eher auf ein Ergebnis um die 3%.
Rot-Grün wird ein wenig zulegen, die CDU ein wenig schwächer werden. Ich vermute das, weil die Unentschiedenen angeblich zuletzt zu Steinbrück tendierten. Vor Allem aber halte ich die CDU (ähnlich wie früher die Grünen) für überbewertet in Umfragen (es war opportun, die CDU oder die Grünen “gut” zu finden). Der Effekt dürfte nicht groß sein, für Rot-Grün wird es auf keinen Fall reichen. Eine wiederholte eigene Mehrheit für Schwarz-Gelb halte ich aber für unwahrscheinlich.
Da Rot-Rot-Grün glaubwürdig ausgeschlossen wurde und die Ampel in der FDP so verhasst ist, dass sie dann 2017 um den Wiedereinzug bangen müsste, kann man beides ausschließen. Ähnlich sieht es für die Grünen aus: wenn sie vor Kraft strotzen sollten mit einem (guten!) zweistelligen Ergebnis, könnten sie sich auf die CDU einlassen. Danach aber sieht es nicht aus, weswegen sie sich das kaum antun werden – lieber in der Opposition Brüche kitten.
Bleibt also… die Große Koalition.
