Politisch interessierte Menschen freuen sich immer sehr über Umfragen und interpretieren auch die allerkleinsten Schwankungen gerne in ihrem Sinne. Dabei übersehen sie großzügig, dass Umfragezeitraum, Fehlertoleranz und interne Gewichtungen solche Schwankungen viel besser Erklären. Warum also nicht mal alle Umfragen aggregieren?
Also das erste Problem ist schon mal, wir man die Umfragen zusammenpanschen mag. Alle einfach nach Veröffentlichungszeitraum sortieren? Das hieße aber, dass nicht wirklich aggregiert wird; außerdem werden Umfragen oft genug am selben Tag herausgebracht, soll man dann nur an diesen Tagen den Durchschnitt nehmen? Darüber hinaus schwankt der Zeitraum, in dem Umfragen durchgeführt werden. Der Veröffentlichungszeitpunkt gibt also den Zeitpunkt, an dem die Meinungen vertreten wurden, nur ungenau wieder.
Also habe ich einfach den kompletten Zeitraum bis zur Bundestagswahl in 26 Wochen eingeteilt, jeweils Monat bis Sonntag. In diesem Zeitraum sammle ich dann jeweils Umfragedaten mithilfe von Wahlrecht.de und berechne den Durchschnitt. Mittlerweile habe ich Daten zu den ersten 2 Monaten, ab und zu habe ich Zwischenberichte gepostet. Das Ergebnis sieht dann etwa so aus.
Die erste Erkenntnis? Unglaublich langweilig. Die meisten größeren Sprünge waren bei einzelnen Umfragen, wenn man sie kombiniert, verschwinden sie. Fast alle Parteien schwanken weniger als 1 Prozent, und das über einen Zeitraum von 8 Wochen!
Die FDP ist genau ein einziges Mal bei 5 Prozent, ansonsten würde sie an der Hürde scheitern. So sähen dann die Koalitionsoptionen aus:
Rot ist die Mehrheit. Die berechne ich so – Anteil der Parteien über 5 Prozent geteilt durch 2. Wenn also die FDP es ins Parlament schafft (was hier genau einmal der Fall ist) steigt auch der für eine Mehrheit nötige Stimmenanteil. Das sind schlechte Nachrichten für Merkel und Steinbrück – Schwarz-Gelb und Rot-Grün würden zu keinem Zeitpunkt eine Mehrheit erhalten, ebensowenig die von Steinbrück geliebte Ampel. Selbst wenn die FDP es in den Bundestag schaffen sollte, würde es nicht reichen für Schwarz-Gelb (oder eine Ampel). Wenn es also keine Große Koalition werden soll, bleiben momentan eigentlich nur Schwarz-Grün und Rot-Rot-Grün.
Jetzt haben wir aber in Niedersachsen gesehen, dass es eine ganze Reihe von CDUlern gibt, die der FDP eine Mitleidsstimme schenken. Denn Wähler denken halt doch strategischer, als man ihnen manchmal zutraut. Was also, wenn die FDP der CDU genau ein einziges Prozent klauen würde?
Die Ampel und Schwarz-Gelb würden deutlich näher an eine Mehrheit ran rücken, aber es würde sich nichts fundamental ändern. Ein einziges Mal würde es für eine Ampel reichen, aber das war es auch schon.
Achja, ein Wort noch zu Piraten und AfD. Die tauchen nämlich eher unregelmäßig in den Umfragen auf. Darum habe ich die AfD auch erst aufgenommen, als sie regelmäßig vorkamen; die Piraten verschwinden immer noch regelmäßig aus Umfragen. Weil sie es wohl nicht ins Parlament schaffen, verhindern sie keine klaren Mehrheiten – das Hauptproblem in der Hinsicht ist und bleibt die Linke. Früher oder später wird sie in Koalitionen eingebunden, wenn es jemals wieder eine Regierung ohne FDP/CDU/CSU geben soll. Sonst bleibt halt Merkel Kanzlerin bis an ihr Lebensende, mit wechselnden Mehrheiten.
Zum Schluss habe ich nochmal den durchschnittlichen Wert in den 8 Wochen genommen. So sähe das Parlament aus…
…und so sähe es mit der Tante FDP aus:
In beiden Fällen reicht es knapp für Rot-Rot-Grün (und locker für Schwarz-Grün oder gleich eine große Koalition), nicht aber für die favorisierten Optionen der Politiker.
P.S.:
Wer will, kann sich im übrigen das sheet hier angucken. Ansonsten werde ich regelmäßig updaten, auf Facebook, auf Twitter, und eben in einzelnen Blogposts.
2 thoughts on “Aggregierte Umfragen zur Bundestagswahl 2013”