(5) Warum ich Sozialdemokraten nicht leiden kann

Hmmm angefangen hab ich diese Reihe jetzt schon vor nem Jahr. Darf ich mich damit entschuldigen, dass die Sozialdemokraten damals vom Aussterben bedroht waren und ich darum nicht fies zu ihnen sein konnte?

Anyway – ich bin faul. Wisst ihr wer noch faul ist? Der Harzer. Jedenfalls, wenn man so manchem Sozialdemokraten glaubt. Oder so manchem, der sich für einen Sozialdemokraten hält.

Dabei fing das ganze doch so toll an – vor irgendwas um die 150 Jahren entstand aus dem entstehenden kommunistischen und sozialistischen Gedankengut eine Strömung, die sich fortan Sozialdemokratie nennen sollte. Sozialdemokratie, das war schon sehr früh ein Versuch, sich abzugrenzen von den linken Schmuddelkindern, den nicht demokratischen Kommunisten, die eine Diktatur des Proletariats forderten. Also musste sich zunächst abgegrenzt werden, um erfolgreich zu werden, und dann, als man merkte, dass die nicht demokratischen Gruppen vielleicht doch eher dem deutschen Zeitgeist entsprachen, begründete man die Tradition, diese Schmuddelkinder auszuschließen und zu bekämpfen.

So wurde denn auch die Burgfriedenspolitik im ersten Weltkrieg zum Synonym für der Entwicklung machtlos gegenüberstehende Genossen, die aus pragmatischen Gründen ihre Ideale zu Hause lassen. Nach dem Weltkrieg entschlossen sich wackere Sozialdemokraten, die (nicht vorhandene) Demokratie zu verteidigen, indem sie mit reaktionären Militaristen gegen die “rote Gefahr” paktierten. Die Taktik ging auf – man wurde nun endlich nicht länger als die sozialistische Bedrohung wahrgenommen, half man doch dabei, Kommunisten zu unterdrücken. Besonders geschichtsverliebte Menschen leiten aus diesem bald 100 Jahre alten Geschehen einen dauerhaften Verrat der Sozialdemokraten ab, der sie automatisch diskreditiert.

Gut, Spaß beiseite – daraus kann man einem Sozialdemokraten kaum einen Strick drehen. Egal wie man die Rolle der SPD damals bewertet – ein heutiger Genosse hatte daran keinen Anteil. Dennoch kann ich Menschen nicht leiden, die Massaker mit der Notwendigkeit einer Abwehr des Bolschewismus entschuldigen – und da gibt es so einige Sozialdemokraten, die sich auch heute noch als Vorkämpfer gegen den Kommunismus verstehen. EIne Vorstellung, die bis heute fortbesteht; bei aller berechtigter Kritik an der Aufarbeitung des Realsozialismus in ganz linken Kreisen darf man doch nie die eigene, nicht immer unblutige Geschichte vergessen. Genau das tut der Sozialdemokrat aber viel zu oft; er sonnt sich in seiner Arroganz.

Wer hat Weimar die Demokratie gebracht? Die SPD. Wer hat Widerstand geleistet gegen den Faschismus? Die SPD. Wer hat gegen Kohlschen und Adenauerschen Konservativismus gekämpft? Die SPD. Alles andere sind Spalter; sie schwächen “die Bewegung”. Nichtwähler ebenso wie Ökos vor einigen Jahren oder Linkewähler schwächen die gute Sache und helfen CDU/FDP – wo andere noch das nichtpolitische oder die Unterstützung anderer Gruppen gutheißten, läuft der Sozialdemokrat einem hechelnd hinterher und versucht mit missionarischem Eifer, von seiner Sache zu überzeugen. I <3 FWS!!! Auch sonst wird die Sache verkannt; ja, es stimmt, der Sozialstaat hat dringendst Reformen gebraucht. Aber das galt auch für eine Politik von oben; das hat niemand erkannt. Und ja, Harz IV hat sinnvolle Ansätze. Nicht aber die Stigmatisierung von Arbeitslosen. Und natürlich, eine starke Wirtschaft schafft Arbeitsplätze und hilft damit dem Arbeitnehmer; das aber als neue Sozialdemokratie zu verkaufen heißt nichts anderes, als liberalen Konservativismus neu zu benennen. Damit stellt man die Mitte ruhig; man entfremdet aber den linken Rand, der sich schon seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten, immer weiter von der Sozialdemokratie weg bewegt. Und dort kommen eben andere an die Macht. Während der Sozialdemokrat also nach wirtschaftsverträglichen Sozialmaßnahmen sucht, suchen andere nach linken Konzepten die nicht zu viel Schaden. Wie etwa Mindestlohn. Oder eine pluralere, eine freie Gesellschaft. Ein weiterer Punkt; der klassische Sozialdemokrat ist unfreundlich, arrogant, ungebildet und reaktionär. Er ist gegen zu viele Freiheitsrechte; denn das Volk will Sicherheit. Er hilft dabei, das Asylrecht abzuschaffen; denn das Volk mag keine Ausländer (und auch ein Oskar Lafontaine hat seine Freude daran, gegen Gastarbeiter zu hetzen). Er glaubt Stammtischparolen, er ist direkt und sagt Dinge wie "das wird man doch wohl noch sagen dürfen" - blöderweise ist das Sache der Konservativen, mit denen ihn mittlerweile mehr verbindet als er es jemals zugeben würde. Dabei merken sie alle nicht, dass nicht alles, was man sagen darf, auch empfehlenswert ist. Dennoch ist er nötig, als linkes Gleichgewicht zum Konservativen und pragmatische Version des Linken. Irgendwer muss den ganhzen Kram ja auf Finanzierungsmöglichkeit überprüfen. Und wenn seine Dominanz nun endlich, endlich gebrochen ist, dann kann er sicht vielleicht neu definieren - er muss dabei bloß den äußerst schmerzhaften Spagat schaffen zwischen einer breiten, nur leicht links geprägten Masse und einer sich immer weiter differenzierenden, demokratische Partizipation und Modernität fordernden Gruppe. Und vor allem, lieber, kleiner, gebrochener Sozialdemokrat, solltest du dich nicht so treiben lassen. Denn weder der rote noch der grüne oder der schwarze Mann verfolgen dich; du bist so langsam dass sie dich alle schon längst überholt haben.

 

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One thought on “(5) Warum ich Sozialdemokraten nicht leiden kann”

Juhu! Jemand, der nicht bei facebook kommentiert! Oldschool!