Lieberman düpiert

Hach, was wird Lieberman – der Chef der nationalistisch-rassistischen Partei Jisra’el Beitenu – sich gefreut haben, als die Koalition mit Schas, Likud, einer Siedlerpartei und – für ihn leider – der Awoda zustandekam. Im folgenden wurde zwar befürchtet, der radikale neue Außenminister Lieberman könne ernsthaften Schaden anrichten, aber viel von sich reden machte er nicht.

Nur einen Lieblingsfeind hatte er – neben den echten Feinden natürlich – unter den Staaten, mit denen er verhandeln sollte: die Türkei. Die nämlich hatte unter Erdogan angefangen, kritik zu üben – insbesondere nach der Gazaoffensive. Wirklich deutlich wurde Liebermans Abneigung bei der Debatte um eine billige Fernsehproduktion, die offensichtlich schlimmste Klischees über israelische Soldaten bediente; nachdem er, aufgrund Netanjahus Widerstand, den israelischen Botschafte nicht aus Ankara abzog, demütigte er den türkischen Botschafter in Israel vor laufender Kamera. Momente also, für die das Wort “rechtspopulistisch” eigens erfunden wurden.

Das neueste Kapitel – die Gazaflotte, die mehrheitlich türkisch war. Die Türkei forderte prompt eine Entschuldigung sowie eine internationale Untersuchung, beides aber lehnte Israel ab. Daraufhin drohte die Türkei, einer der wichtigsten Verbündeten Israels in der Region und Nato-Mitglied, Kontakte abzubrechen; darüber hinaus wurde der türkische Luftraum für israelische Flugzeuge geschlossen. Israel reagierte mit einer Reisewarnung für die Türkei; manche forderten, militärische Kooperationen abzubrechen und Waffendeals platzen zu lassen – denn wer wisse schon, wann dies alles gegen Israel eingesetzt werden würde.

Vor einigen Tagen kam dann die Meldung, Obama habe durch Druck ein Gespräch zwischen Israel und der Türkei erreicht:

Ein israelisch-türkisches “Geheimtreffen” zwischen Israels Industrieminister Benjamin Ben-Elieser und dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglo am Mittwoch in einem Brüsseler Hotelzimmer war zwar nicht so geheim, dass es nicht schon am selben Abend von einem israelischen TV-Sender gemeldet worden wäre. Aber es war doch geheim genug, um Außenminister Avigdor Lieberman zunächst verborgen geblieben zu sein.

Lieberman drufte davon natürlich nichts wissen; das wäre ja nicht sein Stil gewesen und wahrscheinlich auch nicht in seinem Interesse. Aber auch sonst gab es weniger Veränderungen in den Beziehungen, als manch Kommentator einen glauben machen will.

A military and government delegation from Turkey is in Israel right now, its officers and soldiers rumbling through the sands of the Negev learning how to operate the same pilotless aircraft often used by Israel to hunt Palestinian militants in Gaza. They are there, said an Israeli official, who was not authorized to speak publicly about the deal, because the Israeli instructors who were training them in Turkey were called home after the flotilla raid.

Still, the $190 million deal for the drones has not been canceled. Nor have most of the civilian business dealings, from textiles to irrigation systems, that accounted for almost $3 billion in trade last year, business analysts said.

Auch sonst versucht Netanjahu, so wenig Konflikte wie möglich entstehen zu lassen.

So far, Israel has resisted the idea of an independent investigation, but the Israeli government has tried its best to tone down the crisis and patch up relations. This week, for example, Prime Minister Benjamin Netanyahu sent Binyamin Ben-Eliezer, a cabinet member who has cultivated close ties with the Turks, to a secret meeting with the Turkish foreign minister, Ahmet Davutoglu.

“It is not in the interest of Israel, or even Turkey, that this relationship continue to deteriorate,” Mr. Netanyahu said in an interview with Channel 1, the state television station, on Friday. “Israel cannot apologize because its soldiers had to defend themselves to avoid being lynched by a crowd.” He added, “We regret the loss of life.”

Damit aber tut Netanjahu all das, worfür Lieberman nicht steht, ja, was er ablehnt. Aber nicht nur in den Beziehungen zur Türkei geschah dies; auch beim Gazastreifen machte Israel nun Zugeständnisse, lockerte gar die Blockade. Baumaterial darf nun in den Gazastreifen; einige Güter wurden wieder zugelassen, unter Auflagen nur, aber immerhin. Einzelne Politiker wurden in den Gazastreifen eingeladen, um sich selbst ein Bild zu machen – eine Charmeoffensive also, die mal wieder weniger die Handschrift des israelischen Außenminister trägt und mehr die des durchaus pragmatisch veranlagten Rechten Netanjahu. Achja – eine der Kondition der Baugüter war die Genehmigung durch die Regierung in Ramallah; damit entzieht man der Hamas eine Kompetenz in ihrem Gebiet und stärkt die Fatah zumindest nach außen hin. Kurz gesagt, die Delegitimierung der Hamas heißt in dem Fall auch eine Anerkennung der Legitimität der Fatah – für eine rechte Regierung mehr als man erwarten kann und mehr als das Außenministerium alleine leisten würde.

 

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Juhu! Jemand, der nicht bei facebook kommentiert! Oldschool!