Via betathoughts bin ich nun auf eine perfekte Vorlage gestoßen, um meine Meinung bzgl des Urheberrechts zu formulieren; diese Vorlage heißt “Basta!” und wurde von Frank A. Meyer für die schweizer “Blick” geschrieben.
Besagter Journalist fängt dort sehr schön und schwärmerisch an…
Das Internet hat die Welt auf das Format eines Laptop-Bildschirms reduziert. Das Globalisierungsmedium par excellence hat aber auch neue Räume eröffnet – rechtsfreie Räume.
An den Tag gebracht hat dies die Finanzkrise: Fiktive Produkte ohne Bezug zu konkreten Werten waren die Ware, mit der viele Banken ihre windigen Geschäfte machten. Gesetzliche Kontrollen dieser Wertpapiere ohne Wert gab es keine; gesetzliche Regeln oder gar Schranken für den Internet-getriebenen Finanzkapitalismus erst recht nicht.
Die schöne neue Laptop-Welt befreite die Finanzwirtschaft von Recht und Gesetz. Doch auch die Internet-Industrie selbst kennt kaum rechtliche Skrupel. Was online machbar ist, wird in den allermeisten Fällen auch gemacht.
Was genau hat die Finanzkrise denn bitteschön mit dem Internet zu tun, außer der hier genannten “rechtsfreiheit”, die sowohl im Bankenwesen als auch im Internet existiere? Wo bitteschön geht es im Internet denn um “fiktive Produkte ohne Bezug zu konkreten Waren”, wie er mehr als nur andeutet? “Internet-getriebener Finanzkapitalismus”, was ist dass denn bitteschön, ist die angedeutete Enteignung der Künstler nicht eher mit einem Sozialismus als mit einen enthemmten Kapitalismus zu vergleichen? Aber der Autor macht munter weiter:
Der Gesetzlosigkeit im World Wide Web fällt gegenwärtig gerade die Kulturindustrie zum Opfer. Schriftsteller und Musiker verlieren im Netz das Recht auf ihre Werke: Alles kann, alles darf heruntergeladen werden. Gratis. Die Enteignung der Kulturschaffenden durch Google und Konsorten ist schon fast vollendete Tatsache.
Für geistiges Eigentum gilt nicht mehr, was bisher galt: Dass Produkte zwischen Buchdeckeln oder auf Compact Disc bezahlt werden müssen. Das heisst, die Künstler werden um ihre Einnahmen gebracht – und so um ihre materielle Existenz.
Dazu hatte ich bereits meine Meinung formuliert. Nochmal zur Zusammenfassung – es hindert niemand die Wirtschaft daran, sich um ähnliche Regelungen wie bei der Einführung von DVDs, CDs oder auch Kassetten zu bemühen; im übrigen hat keines davon den Anreiz für die Produktion der Musik vermindert, ebensowenig wie Napster oder das Internet dies geschafft haben. Im übrigen darf eben nicht alles heruntergeladen werden – das Internetrecht ist weitaus komplizierter (und sinnloser) als hier dargestellt, allein schon wegen den nicht ganz eindeutig geregelten nationalen Kompetenzen.
Ein Blogger namens Marcel Weiss formuliert in seinem Forum netzwertig.com die vulgäre Ideologie, die hinter der Total-Entwertung des geistigen und künstlerischen Schaffens steckt: «Musiker sollten sich damit abfinden: Wie in der Zeit vor der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden sie ihren Lebensunterhalt mit Auftritten und dergleichen verdienen.»
Die Musiker sollen also wieder tingeln; die Schriftsteller gegen milde Gaben Lesestunden halten; währenddessen machen die Herrscher über das Internet das Geschäft.
Zunächst mal finde ich es natürlich hervorragend, wie der Herr einen einzigen Blogger zum Sprachrohr einer ganzen Generation (jedenfalls sieht er es selbst so) hochstilisiert; danach ist es natürlich auch schön, wie er die vollkommen unterschiedlichen Situationen von Schriftstellern und Musikern munter in einen Topf schmeißt. Hand aufs Herz, wer mag e-books lieber als Bücher? So, und nun darf noch jeder gehen, der e-books lieber über Google am PC/Laptop liest als an einem reader, an dem meist nur gekaufte Dateien funktionieren. Wer nun noch im Raum bleibt hat ohne Zweifel eine sehr interessante Persönlichkeit.
Darüber hinaus verdienen viele Musiker bereits jetzt mehr an ihren Auftritten als an ihren Alben; das trägt dazu bei, dass eine unter dem Druck ihrer Produzenten stehen, möglichst viele Auftritte zu haben, so ganz nebenbei bemerkt. Wir sind schon mittendrin in diesem Wandel.
Die Online-Gemeinde sieht das anders: Sie beruft sich auf die Modernität ihres Spielmediums, auf ihre Jugend, auf die grosse Freiheit im Netz, auf Entgrenzung, auf virtuelle Anarchie, auf Revolution. Wer dagegen etwas einwendet, den bürstet sie ab – als hoffnungslos out, als höchstwahrscheinlich vor der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geboren.
Falsch, Herr Meyer, aber Leute wie sie hören uns ja nicht zu sondern “bürsten” uns als “Netz-Revoluzzer”, “Systemstürzer” oder eben als Romantiker ab, die “die Umwertung der bisher gültigen Werte” verkünden. Mit diesem Satz kann man, denke ich, den Rest recht treffend zusammenfassen.
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