Ob es um die Einführung von CDs ging, um die von Kassetten oder von irgendetwas anderem, was die Vervielfältigung von Musik oder Filmen ermöglicht respektive erleichtert hätte, waren die großen Bosse der “big four”, der vier großen Musikkonzerne sowie sämtliche in die Filmindustrie involvierten Unternehmen (die Schnittmengen sind im übrigen recht interessant) besorgt. Natürlich nicht um die eigenen Einnahmen, sondern um die der Künstler. Denn, so die Rechnung, wenn man einem Freund eine CD nicht nur ausleihen konnte, sondern gleich kopieren konnte, dann bestand auch kein Anreiz für diesen Freund – und dank des homo oeconomicus für den gesamten Freundeskreis des dummen Käufers – sich besagte CD ebenfalls zu kaufen. Damit sinken nun die Verkaufszahlen, die Unternehmergewinne, und vor allem die Gewinne der Künstler, was wiederrum zu einem geringerem Anreiz für letztere führe, Musik zu machen. Die Musiker, die der Meinung waren, die großen Konzerne würden ihre künstlerische Entfaltung mehr behindern als die Einnahmeverluste durch weiterverbreitung von Musik, wurden ignoriert, waren sie doch stets eine Minderheit, die gelegentlich größere Erfolge erzielte, die aber meist irgendwie gekauft werden konnte.
Das Ende der Geschichte kenne wir alle – meist hat man sich darauf einigen können, eine kleine Steuer auf die zur Vervielfältigung notwendigen Geräte zu erheben, die bspw direkt den Musikkonzernen zufließt. Dann gab es allerdings eine neue Monstrosität – das Internet. Napster. Filesharing. Die bösen Menschen verteilen nicht mehr nur CDs in ihrem Freundeskreis, sondern auch im Internet an wildfremde Leute. Dass dabei die Qualität oft leiden muss, Viren verteilt werden und die Bandbreite oft soviele Probleme machte, dass viele doch lieber CDs kaufen (oder von Freunden brennen lassen), ging auch ein wenig unter in den Debatten. Man will ja auch weiterhin Kunst produzieren lassen, dann soll man doch gefälligst seine CDs kaufen!
Naja, ich kaufe zwar schon lange hauptsächlich bei kleinen Labels, die ich unterstützen will, aber was die Harvard University laut der taz herausgefunden hat ist auch nicht unübel:
Eine Studie der renommierten Wirtschaftshochschule der Harvard University kommt nun allerdings zu einem ganz anderen Schluss. Seitdem die für die Musikindustrie als “Ursünde” geltende Dateitauschbörse Napster 1999 auf den Markt gekommen sei, habe die Menge an kulturellen Produktionen stark zugenommen. Die Untersuchung der Wirtschaftswissenschaftler Felix Oberholzer-Gee und Koleman Strumpf mit dem Titel “Dateitausch und Urheberrecht” argumentiert, dass ein schwächerer Schutz des Copyrights der Gesellschaft eher nutze als schade.
Demnach habe die aufkeimende Piraterie zwar bestimmte Geschäftsmodelle geschädigt, den Ansporn für Künstler und Unterhaltungsfirmen aber insgesamt nicht reduziert, neue kulturelle Werke zu schaffen. Genau das sei aber der Grund, warum der Gesetzgeber ein Urheberrecht eingeführt habe.
[…]
Die Forscher forderten die Branche nun auf, empirisch zu messen, ob die Einnahmen durch zusätzliche Produktionen die Ausfälle durch Internet-Piraterie vielleicht sogar kompensierten. So seien die Einnahmen durch Konzerte stark angestiegen. Die Politik müsse dies in der aktuellen Debatte um eine Verschärfung des Urheberrechts bedenken.
Wobei man bei Zahlen allerdings immer folgendes bedenken sollte: Correlation does not imply causation!
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