Sind Waffenlieferungen an die Kurden die Lösung?

Nein.

Es ist mittlerweile offiziell: Auch Deutschland wird die kurdische Autonomieregierung im Nordirak mit Waffenlieferungen unterstützen. Die westlichen Staaten tun momentan alles, um IS zu bekämpfen, ohne Bodentruppen in die Region zu schicken: Luftschläge, Waffenlieferungen, Aufklärung, Militärberatung. Das dürfte aber kaum reichen, um den Konflikt zu beenden.

Fangen wir mal mit dem aktuellen Thema an: Waffenlieferungen. Da gab es schonmal ein ganz großes Problem – mit westlichen Waffen kämpfen nicht die Kurden, sondern IS und Verbündete. Denn diese konnten amerikanische Waffen erbeuten.

Die Kurden dagegen sind noch zum Großteil mit russischen und veralteten Waffen ausgerüstet. Deutsche Munition etwa wäre kaum kompatibel. Scheinbar will sich Deutschland auch auf einfache Waffen beschränken, im Gespräch ist das G36, und auch für diese einfachen Waffen müssten die kurdischen Soldaten ausgebildet werden.

Wenn es aber noch 10 Tage dauern soll, bis die Waffen ankommen, und die Truppen sich erst darauf einstellen müssen, können noch Wochen vergehen, bis ein Effekt spürbar wird.

Vor allem aber reicht das nicht aus, um IS zu besiegen; damit ziehen die Kurden nur gleich mit IS. Amerikanische Luftschläge haben den Vormarsch von IS gestoppt und damit Zeit gekauft, um die Kurden aufzurüsten. IS hat aber weiterhin Zugriff auf große Rekrutenpools und Unmengen Geld, um Waffen auf dem Schwarzmarkt zu besorgen.

Kommen wir zu Luftschlägen. Die haben den Vormarsch von IS zwar stoppen können, aber scheinbar passt die Gruppe ihre Taktik bereits darauf an. Wichtiger aber ist: Luftschläge können nur Kontrolle über Regionen verhinden.

Das hilft gegen ein Regime und erlaubt Autonomie für eine Region, indem es der Regierung eben Kontrolle versagt. IS aber ist nicht auf feste Territorien angewiesen. Ja, sie bilden rudimentäre Regierungsstrukturen, aber sie sind letztlich noch eine Guerilla-Miliz, und entsprechend basieren ihre Taktiken eher darauf, dem Gegner Kontrolle zu versagen, anstatt sie zu erlangen.

Und das können sie auch mit Luftschlägen noch machen.

Mittelfristig effektiv ist nur die Kombination aus Luftschlägen und Aufrüstung: Erstere verlangsamen IS, letztere erlauben Geländegewinne durch kurdische Truppen. Beide sind allerdings auf das Gebiet des Iraks beschränkt.

Gut, ein Teil der Waffen könnte auch von syrischen Kurden verwendet werden können, aber ohne die amerikanischen Luftschläge dürfte der Effekt vernachlässigbar bleiben. Solande aber IS einen Rückzugraum in Syrien hat, wird die Gruppe sich immer reorganisieren können und im Irak einfallen können – so, wie die Taliban es mit Pakistan respektive Afghanistan machen.

Mittelfristig sind Waffenlieferungen also Teil einer legitimen Strategie; für eine langfristige Lösung reichen sie aber bei weitem nicht aus, ganz im Gegenteil. Durch die Aufrüstung verschiebt sich sogar das innerirakische Machtgleichgewicht; das könnte langfristig sogar für mehr Unruhe sorgen.

Um den Konflikt zu lösen, müssten also nicht die Kurden besser versorgt, sondern die Versorgung von IS gekappt werden. Das ist allerdings leichter gesagt, also getan.

 

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