Warum man zu Israel mal die Fresse halten sollte

Israel gegen Palästina: Man könnte meinen, der Konflikt wird momentan nicht im Gazastreifen ausgetragen, sondern in deutschen Medien. Und dabei hat doch kaum einer wirklich etwas dazu zu sagen.

Tote sind Tote

Man mag es kaum glauben, aber es macht kaum einen unterschied, ob ein 15 jähriges Kind oder ein 18 jähriger Mann getötet wird. Tote sind tot, und das ist scheiße. Es ist im übrigen auch egal, ob die Toten Juden oder Araber sind, oder ob sie durch Bomben/Raketen oder Flugzeuge/Bodentruppen ums Leben kommen. Menschen töten ist scheiße.

Vergleiche relativieren

Wenn man in seriösen deutschen Medien liest, dass Israel ethnische Säuberung betreibe, dann ist das ein Armutszeugnis. Für die Medien. Tote sind scheiße (s.o.), ebenso wie Militäreinsätze, aber: ethnische “Säuberungen” sind sowas wie in Ex-Jugoslawien, mit sehr, sehr vielen Toten, die sich gezielt gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe richten und die das Ziel haben, diese Gruppe zu vertreiben/vernichten.

Muss man auf ineffektive Raketen mit so viel Gewalt reagieren? Nein. Aber dann von ethnischer Säuberung zu sprechen, verharmlost diese und macht die eigene Position unglaubwürdig. An dieser Stelle: Israel begeht keinen Holocaust, die Palästinenser sind keine Nazis, die am liebsten alle Juden ausrotten würden, und die Hamas ist nicht Al Qaida. Echt nicht.

Es gibt keine moralischen Kriege

Das überrascht jetzt den einen oder anderen, immerhin bin ich kein überzeugter Pazifist, der jeden Krieg sofort beenden will. Aber nur, weil es manchmal sinnvoller sein kann, Soldaten in einem Krisengebiet zu lassen, heißt das nicht, dass ich prinzipiell “gute” und “schlechte” Seiten im Krieg anerkenne.

Die Hamas sind weder Freiheitskämpfer noch Terroristen, die sich hinter menschlichen Schutzschilden verstecken; sie sind eine politische und militärische Gruppe, die ihre Mittel nutzt.

Israel ist weder das stolze Bollwerk gegen die Islamisten, umgeben von Feinden und sich selbst verteidigend, noch der zionistische Aggressor, der Araber vernichten will. Sondern ein Staat, der Normalität und möglichst viel (von allem: Sicherheit, Land, Wasser) für sich und seine Bevölkerung will. Also beide vollkommen normal.

Niemand verteidigt sich

Sorry, aber die Unterscheidung zwischen Angreifer und Verteidiger impliziert, das irgendwer angefangen hat. Bei einem Konflikt, der fast 100 Jahre andauert, wird das etwas schwierig.

Israel “verteidigt” sich gegen Raketen mit einem Militäreinsatz, gegen den sich die Hamas “verteidigt” mit Anschlägen. Achja, die Raketen waren auch nur die “Verteidigung” der Hamas gegen den Mord an dem Jugendlichen, was die Reaktion auf die ermordeten israelischen Jugendlichen war, was wiederum mit der Siedlungspolitik… und so weiter, und so fort.

Das “Selbstverteidigungsrecht” moralisiert wieder unnötig. Israel verteidigt seine Interessen. Ebenso die Hamas. Beide töten Menschen. Fertig.

Wer schlimmer ist, kann man nicht sagen

Lieber Leser, nach dem letzten Absatz wolltest du das schon tippen, oder? Also entweder, dass Israel ja so viel mehr Menschen getötet hat, oder dass die Hamas Zivilisten bewusst tötet, und darum ist entweder Israel oder die Hamas “der Böse”. Bullshit.

In Gaza sterben mehr Menschen als in Tel Aviv, weil Israel stärker ist; es liegt definitiv nicht daran, dass die Hamas besonders rücksichtsvoll ist. Und die Hamas tötet Zivilisten, weil… naja, weil Israel stärker ist. Und die Hamas eben nicht militärisch gegen das israelische Militär ankommt.

Im übrigen: In einem ethnischen Konflikt, in dem die Geburtenrate der Palästinenser als nationale Bedrohung wahrgenommen wird, ebenso wie die Wohnungen von Israelis in bestimmten Stadtviertel, da sind Zivilisten automatisch in dem Konflikt verwickelt. Was nicht gut ist, aber bitte keine künstliche, realitätsferne Empörung.

Und diese beknackte Anerkennung erst!

Ich persönlich bin ja nicht begeistert vom Recht der Völker auf eigene Staaten (danke, Italien, für den Irredentismus!), aber es gibt das Recht nunmal. Und das gilt für beide Seiten. Wer Palästina will, der sollte mal schnell anerkennen, dass man Israel braucht. Und wer fordert, dass bitte jeder einzelne Moslem auf der Welt Israel anerkennen soll (hallo, liebe Antideutsche!), der soll doch bitte schonmal ein Plädoyer für einen palästinensischen Staat formulieren.

Oder es gibt einen gemeinsamen Staat, in dem Juden und Araber gleiche Rechte haben. Kleiner Scherz, man muss ja noch lachen können.

Schonmal was von Pragmatismus gehört?

Ich werf mal mit Schlagworten um mich. Bitte kein “Kolonialismus”, “Freiheit” oder “Imperialismus”-Bingo. Lieber mehr Themen wie “Rückkehrrecht”, “Sicherheit”, “Verlässliche Ansprechpartner für Israel”, “Siedler” und “Wasserverteilung”. Das wären so Themen, zu denen wirklich und konkret was passieren kann, und die man auch relativ kontrovers diskutieren kann.

Deine Demo/Facebookaktion/dein Palischal ändern gar nix

Wir sind hier sehr weit weg. Klar, vielleicht wird Merkel, beeindruckt von antisemitischen Sprüchen auf ner Demo ein paar härtere Worte gegenüber Netanjahu benutzen, wenn sie ihn in nem Monat oder so mal wieder sieht. Auch Idioten dürfen träumen.

Aber davon abgesehen: Wir sind weit, weit weg. Es sterben täglich Menschen, und jede Empörung bringt gar nichts. Spendet lieber was an Ärzte ohne Grenzen, Unicef, Amnesty, oder irgendeine Friedensgruppe in Israel/Palästina. Die 50 Cent bewirken deutlich mehr als jeder Demotag.

So, jetzt hab ich leider doch was zu dem Thema gesagt…

 

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One thought on “Warum man zu Israel mal die Fresse halten sollte”

  1. Das ist im ernsthaft der erste vernünftige Kommentar, den ich seit Monaten, vielleicht sogar Jahren, zu dem Thema gelesen habe. Respekt!

    Ich glaube allerdings nicht, dass sie an diese guten Grundsätzer jemand halten wird. Nachdem in den letzten Jahren Günther Grass, Jacob Augstein, Martin Schulz und viele anderen sehr eindrücklich vorgemacht haben, wie einfach man sich mit diesen Thema in Deutschland Karriere und Rente sichern kann. “Deutschland” “Vernunft” und “Nahostkonflikt” gehen einfach nicht zusammen.

     

Juhu! Jemand, der nicht bei facebook kommentiert! Oldschool!