NPD verbieten?

Ich gerate regelmäßig in Diskussionen über ein NPD Verbot. Spätestens seit dem neuesten Anlauf des Bundesrates, die Neofaschisten zu verbieten, sind die alten (und einige neue) Gedanken rausgekramt worden. Bisher habe ich aber meine Gedanken zu dem Thema, zu pro und contra, nicht schriftlich festgehalten. Um mich also in Zukunft nicht zu wiederholen, und um das ganze einmal organisiert zusammenzufassen, ist ein Blogpost nötig.

Grob gesagt können wir ein NPD Verbot auf zwei Ebenen diskutieren. Wir können uns über Implikationen unterhalten – was würde ein Verbot bewirken, welche Ziele können damit erreicht werden? Oder aber wir können uns über unser Demokratieverständnis unterhalten – wie tolerant sollte man einer neonazistischen Partei gegenüber sein?

Wie gefährlich ist die NPD?

Das Argument für ein NPD Verbot ist nun mal die Bekämpfung neonazistischer Umtriebe. Die NPD, als politischer Arm von solchen Bewegungen, ist der sichtbarste Teil der faschistischen und rassistischen Szene. Ein Verbot würde, so die Hoffnung, einerseits diese Szene schwächen und andererseits die Ansprüche auf staatliche Förderung beenden. Schauen wir also mal, wie stark die NPD ist.

Die Partei hat weniger als 6000 Mitglieder. Etwa in dem Bereich stagniert die Mitgliederzahl seit Jahrzehnten. Parteien wie etwa die Piraten kommen auf das fünffache, und selbst wenn man nur die zahlenden Mitglieder zählt, gibt es deutlich mehr Piraten als NPD Mitglieder. Die AfD, gerade gegründet, hat jetzt schon mehr Mitglieder, etwa 7500 nämlich. Die Freien Wähler, fast nur in Bayern vertreten, kommen auf stolze 5000 Mitglieder.

Mitglieder sind eine wichtige Einnahmequelle, gerade für kleine Parteien. Die Linke hat beispielsweise knapp ein Drittel ihrer Einnahmen über Mitgliedsbeiträge erhalten. Wenn die Partei kleiner ist, fallen Einnahmeposten wie etwa Spenden durch Unternehmen oder Mandatsträger weitestgehend weg.

Der andere große Posten sind Einnahmen über das Parteienfinanzierungsgesetz. Parteienfinanzierung erfolgt vor allem über die Wahlkampfkostenerstattung, und diese bemisst sich am Erfolg der Partei bei Wahlen. Der Umkehrschluss lautet, dass Parteien finanziell ausbluten, wenn sie keine Wahlerfolge erzielen können. Die staatliche Förderung der NPD ist aber regional sehr unterschiedlich.

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Hier abgebildet sind die Wahlen (Landtage und Bundestag) sowie zwei wichtige Grenzen – die Hürde, ab der Wahlkampfkosten erstattet werden (1% Landtagswahl, 0,5% Bundestagswahl) sowie die 5%, ab der man ins Parlament einzieht und sich andere Quellen auftun wie etwa Abgeordnetengehälter. In den letzten Jahren ist die NPD in einigen Bundesländern unter die 1% gerutscht, in Sachsen-Anhalt hat sie den Einzug ins Landesparlament knapp verfehlt. Die Lage sieht damit allgemein so aus:

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In etwa einem Drittel der Wahlen hat die NPD also Geld ausgegeben, aber kein Geld von Staat erhalten. In etwas mehr als der Hälfte hat sie Wahlkampfkostenhilfe erhalten, und in zwei Landtagen ist sie als Fraktion vertreten (Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen). In Sachsen scheint sie langsam zu zerfallen. Und seit die Fusion mit der DVU, ein lang ersehnter Befreiungsschlag, grandios gescheitert ist, sind ihre Optionen beschränkt.

Nazis, Rechtspopulisten, Rechtsextremisten und Sonstige

Gleichzeitig gibt es immer mehr neue Konkurrenten im rechten Umfeld. Die Freiheit und Pro Deutschland machen ihr Wähler und Mitglieder abspenstig, die AfD besetzt viele ihrer Themen. Und die Jugendorganisationen erhalten Konkurrenz von neueren, hipperen Aktionsgruppen.

Also ja: Die NPD erhält staatliche Förderungen (auch wenn diese momentan eingefroren sind). Momentan sieht es aber alles andere als rosig aus, finanziell. Die Partei ist finanziell schwach, sie hat mehrere Konkurrenten und ein deutliches Rekrutierungsproblem. Ihre Erfolge was Wahlkampf und Mitglieder angeht erzielt sie vor allem im Osten, gerade über kleiner Netzwerke.

Diese aber wiederum sind nicht abhängig von der Existenz der Partei, ganz im Gegenteil, ohne sie gäbe es die Partei nicht. Die Partei zu verbieten würde keine rechtsextremen Netzwerke austrocknen; ein Verbot würde keine lokalen Gruppen plötzlich von der FDGO überzeugen, sondern sie nur dazu zwingen, sich eine neue Heimat zu suchen. Andere Gruppen an der Grenze zur Legalität aber wären wahrscheinlich schwerer zu überwachen, wenn ihre Kontakte nicht mehr so offensichtlich sind. An lokalen Initiativen und Sozialarbeit führt kein Weg vorbei, wenn man die NPD effektiv bekämpfen will.

Eine Demokratie muss ein bisschen NPD verkraften können

Wenn es um die NPD geht, stelle ich mir aber auch eine grundsätzlichere Frage. Natürlich sind wir uns alle einig, dass die NPD bäh ist, aber darf man sie deswegen einfach so verbieten? Geht es in der Demokratie nicht gerade darum, den politischen Kampf mit Ideen und nicht mit Verboten zu gewinnen?

Demokratie ist für mich ein Mechanismus, keine Ideologie (indaface, liebe Extremismustheoretiker!). Es gibt Menschen mit sehr unterschiedlichen Ideologien, die sich einfach nicht einigen können und sich aufs Blut hassen: Monarchisten, Kommunisten, Nazis, Liberale. Im 19. und 20. Jahrhundert haben sie sich in Europa und vor allem in Deutschland auch Kämpfe bis aufs Blut geliefert, aber dann hatten wir endlich einen Mechanismus, um Meinungsverschiedenheiten ohne Waffen beizulegen: Wahlen.

Und an diesem Mechanismus sollte prinzipiell jeder teilnehmen, sonst zwingt man einige dazu, an dem Mechanismus vorbei zu agieren, sprich: Gewalt auszuüben. Wer nicht an Wahlen teilnehmen darf, der hat eben keine friedliche Möglichkeit, sich einzubringen in den politischen Prozess.

Klar, Hitler ist auch durch Wahlen an die Macht gekommen. Wer aber so argumentiert, überschätzt die NPD maßlos und beschönigt gleichzeitig die Unfähigkeit der damaligen politischen Klasse und die Terrormethoden der Nazis. Ein Mix aus öffentlicher Einschüchterung, instabiler Demokratie, und Allianzen der Nazis mit anderen politischen Kräften haben die NSDAP an die Macht gebracht – ein Mix, von dem die NPD einfach nur meilenweit entfernt ist.

Der Staat kann nicht nur Blockparteien finanzieren

Wenn man aber sagt, dass jeder sich in Wahlen einbringen kann und soll, dann ist es nur recht und billig, wenn auch die NPD Geld vom Staat erhält. Punkt. Ich mag ihre Inhalte nicht, aber das ist Meinungssache, und solange es nicht strafrechtlich relevant ist (dafür gibt es aber andere Mechanismen!) muss man als Demokrat in den sauren Apfel beissen. Wenn die NPD jemals eine echte Gefahr sein sollte (und das behauptet so ziemlich niemand), dann (und nur dann) wäre ein Verbot angemessen.

Ein NPD Verbot würde nur von dem Unvermögen der Politiker ablenken, sich politisch mit ihnen auseinanderzusetzen. Während Gruppen wie Exit oder a.i.d.a. keine Finanzierung erhalten oder unter Extremismusverdacht stehen, schreien wir immer lauter gegen die NPD. Wenn man es aber schaffen sollte, die Ursachen der NPD zu bekämpfen und mit Sozialarbeit Jugendlichen zu helfen, dann kann man die NPD auch in Wahlen weiter isolieren und sie finanziell austrocknen lassen. Nur so lässt sie sich effektiv bekämpfen.

Ein Verbot der NPD bekämpft nur ein Symptom, ignoriert aber die Ursachen. Die Kosten (mögliche Radikalisierung, Demokratiedefizit) sind höher als der Nutzen (geringe Geldsummen, die momentan eh nicht gezahlt werden und die langfristig eher abnehmen werden).

 

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3 thoughts on “NPD verbieten?”

Juhu! Jemand, der nicht bei facebook kommentiert! Oldschool!