“Nicht jeder Moslem ist ein Terrorist…aber die meisten Terroristen sind Moslems.” Oder Linke. Jedenfalls, wenn man dem Tenor einiger Autoren der letzten Jahre glaubt.
Solche Bonmots hört man öfter. Der islamische Terrorismus ist seit 9/11 in den Fokus gerückt, wir haben diverse Gesetze gesehen, die uns vor dieser Gefahr (die bisher wieviele Opfer in Deutschland gefordert hat?) schützen sollen und dabei unsere Grundrechte einschränken.
Dann kam Schwarz-Gelb an die Macht, und der Linken-Terror war dran. Autos brennen in Berlin? Terror. 1. Mai? Terror. Terror überall, an jeder Ecke, die Verfassung war gefährdet! Da musste schon eine Kristina Schröder her, die sogenannte Extremismusklausel forderte nun von mit Staatsmitteln geförderten Organisationen ein Bekenntnis zum Grundgesetz. Von vielen wurde dies als blinder Aktionismus verschrien; zum einen werde der Rechtsextremismus fälschlicherweise mit Linksextremismus und Islamismus gleichgestellt, was in Gefährlichkeit, Verbreitung und Relevanz nicht stimme, zum anderen würde die Arbeit jeder Initiative erschwert durch mehr Bürokratie, vom Generalverdacht einmal abgesehen.
Ignoriert wurde diese Kritik; die rechte Gefahr, so der Tenor, sei jahrelang berücksichtigt worden und nicht länger so aktuell wie Gefahr durch Linke und Islamisten. Man müsse verstärkt gegen “Inländerfeindlichkeit” und “linken Terror” vorgehen, die Opposition sei “auf dem linken Auge blind”. Nun, was genau ist seitdem passiert?
Zunächst einmal gab es da so einen rechtsextremen Irren in Norwegen. Aber das ist ja Norwegen und nicht Deutschland, gelle?
Nun, in Deutschland gibt es wohl rechtsradikale Attentäter. Die nicht Mercedessterne abreißen oder gegen Weiße rappen, sondern die Döner- und Gyrosverkäufer ermorden.
In dem Propagandafilm, der der taz in Auszügen vorliegt, rühmt sich der “Nationalsozialistische Untergrund” für neun Morde an türkisch- und griechischstämmigen Ladenbesitzern, die zwischen September 2000 und April 2006 in verschiedenen deutschen Städten erschossen wurden – mit einer tschechischen Pistole Marke Ceska, Kaliber 7,65 mm, auch sie fand sich in den Trümmern des Wohnhauses in Zwickau-Weißenborn.
In dem Bekennervideo der NSU werden Fotos der ermordeten Migranten gezeigt, die von den Rechtsterroristen offenbar selbst aufgenommen wurden. “Original” steht auf einem der Bilder einer zerfetzten, in ihrem Blut liegenden Leiche.
Durch den Clip führt auf zynischste Art die Comicfigur Paulchen Panther, die an einer Stelle einem Polizisten eine Pistole an den Kopf hält und abdrückt. Es ist nicht der einzige Hinweis darauf, dass die braune Terrorgruppe auch hinter dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn im April 2007 steckt. An einer Stelle in dem Selbstbezichtungsvideo wird ein Foto von ihrer Trauerfeier gezeigt. Und auch im Fall dieses Mordes fanden die Ermittler die mutmaßliche Tatwaffe im Schutt des Zwickauer Wohnhauses.
Wie genau nun Verfassungsschutz, Behörden und Politik in einen Skandal verwickelt sind oder sein könnten, sollte man im verlinkten taz Artikel nachlesen; relevant hier ist aber nur die Tatsache, dass 13 Jahre lang Nazis aus dem Untergrund agieren konnten, ohne dass nennenswerte Erfolge bei den Ermittlungen erzielt wurden. Während auf hier konkret Morde geplant und durchgeführt wurden, möglicherweise auch an einer Politistin, wurde gleichzeitig von der Politik bezweifelt, dass das Thema Rechtsradikalismus relevant oder aktuell sei.
Innenminister Friedrich hat sich nun zur Notwendigkeit geäußert, gegen den Terror der Neonazis vorzugehen. Aber wird eine Regierung, deren Extremismusprogramm seit Jahren darauf abzielt, neue Ziele für Verfassungsschutz und Polizei zu finden, anstatt sich auf bekannte Probleme zu konzentrieren, wirklich mit dem Thema auseinandersetzen? Und vor allem – kann sie das überhaupt? Die Verfolgung von Straftaten nämlich ist Sache der Behörden – die Politik kann, wenn überhaupt, präventiv wirken.
Sei es durch Gesetze, die offensichtlich wenig gebracht haben, oder aber durch Programme gegen Rechts – die von dieser Regierung massiv behindert wurden. Aber wird es da einen Wandel geben? Wird die Extremismusklausel, die die Arbeit ziviler Initiativen behindet, abgeschafft oder angepasst werden? Wird eine Frau Schröder sich gegen Rechtsextremismus äußern, diesem den Kampf ansagen? Und werden zusätzliche Gelder bereitgestellt werden für die Prävention?
Das ist leider zu bezweifeln, trotz aller Lippenbekenntnisse. Und so bleibt nur, sich vor Augen zu halten, dass die größte Gefahr noch immer unterschätzt wird.
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