Es gibt mehr Muslime als erwartet in Deutschland, und diese sind besser integriert als erwartet. So in etwa sieht die Kernaussage einer vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegebenen Studie aus. “Es gibt ganz viel Normalität.” So wird eine Sprecherin Schäubles zitiert. Man horche auf – es gibt Normalität unter Muslimen!
Endlich mal ein mutiger Minister, der das festhält. Bald muss noch jemand ganz offiziell aufgrund einer Studie beweisen, dass Muslime ganz normale Menschen sind.
Angesichts einer solche spektakulären Erkenntnis geraten die anderen Ergebnisse beinahe aus dem Blickfeld – so soll es mittlerwiele 4 Mio Muslime in deutschland geben, hauptsächlich in “Westdeutschland” und Berlin, mehrheitlich in NRW. Davon sind 45% deutsche Staatsbürger, mehr als die Hälfte organisiert sich in “deutschen Organisationen”, lediglich 4% gehören Organisationen an, die sich auf die Herkunftsländer beziehen.
70% der Frauen tragen kein Kopftuch, etwa die Hälfte der sich selbst als gläubig bezeichnenden Muslimas halten es ähnlich. 90% der Mädchen nehmen an Klassenfahrten statt, 93% am Schwimmunterricht. Darüber hinaus gebe es gerade bei den Frauen einen deutlichen Bildungsanstieg bzgl der Generationen.
“Ein gutes Drittel” der Muslime halte sich darüber hinaus sich für “sehr stark” gläubig, etwa Hälfte für “eher gläubig”. 14 Prozent sind in ihren eigenen Augen “eher nicht” oder “gar nicht” gläubig. Religiösen Vereinigen und Gemeinden gehören lediglich 20% an; damit stellt sich auch die Frage nach der Durchsetzbarkeit von Schäubles Idee, eine staatlich anerkannte islamische Religionsgemeinschaft zu gründen. Vor allem, da sich lediglich weniger als 25% von den Spitzenverbänden vertreten fühlen.
Ach, in einer Sache ist sich dann die Mehrheit der Muslime doch einige, nämlich in der Frage nach der Einführung eines islamischen Religionsunterrichts, den 76% der Muslime befürworten.
Nun stellt sich natürlich die Frage, inwiefern wir durch diese Umfrage klüger geworden sind. Muslime sind Menschen, wie jeder andere, das wäre schonmal eine Erkenntnis, die man zwar sehr gut zynisch bis satirisch kommentieren kann, die aber nun als wissenschaftliches Ergebnis Rechtsextremen “Islamophobikern” vorlegen kann. Um die 7% der Mädchen, die nicht am Schwimmunterricht teilnehmen, sowie um die 10%, die nicht an Klassenfahrten teilnehmen, muss man sich natürlich auch weiterhin bemühen, so wie ein Bildungsanstieg im Vergleich zu ersten (und zweiten) Generation lediglich belegen kann, dass ein Fortschritt stattfindet, nicht aber, dass Muslime gar keine Probleme auf dem bereich haben.
Während allerdings gejubelt wird angesichts der eingangs erwähnten Erkenntnis (die eben nur als Argumentationsgrundlage gegenüber Islamophobikern nützlich ist), wird möglicherweise das große Dilemma übersehen, dass auch Schäuble Probleme bereiten wird – einerseits wollen Muslime sich nicht organisieren bzw fühlen sich Muslime nicht so leicht durch diese Organisationen vertreten, andererseits aber wollen Muslime einen staatlich organisierten islamischen Religionsunterricht, den es nur geben kann, wenn eine islamische Religionsgemeinschaft existiert, die vom Staat als offizielle Körperschaft anerkannt wird. Dieses Dilemma zu lösen wird nun das Hauptproblem Schäubles und seiner Islamkonferenz sein.