ACAB? Eher SCAB!

Nachdem ich mich ja zuletzt der Polizeigewalt insbesondere mit Blick auf die 68er gewidmet hatte, möchte ich nun etwas über Polizeigewalt schreiben, wie sie auch heute noch aktuell ist. Dazu habe ich meine Meinung bereits im Titel festgehalten – statt “ACAB” plädiere ich doch stark für “SCAB”, wobei das s für some steht.

Zunächst gibt es da denn Fall Gilani – der Schriftsteller wurde, wie die taz berichtete, von Polizisten bei einer Demo geschlagen und anschließen wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt verklagt. Diese Anzeige wurde jedoch von den Behörden kassiert:

Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen den iranischen Publizisten Farydon Gilani eingestellt. Polizisten hatten dem 71-Jährigen “Widerstand gegen die Staatsgewalt” vorgeworfen. Stattdessen wird nun gegen zwei Polizeibeamte ermittelt – wegen Körperverletzung im Amt.

Der Exil-Schriftsteller, Mitglied des PEN-Clubs, hatte im Dezember 2007 die Ausläufer einer Demonstration gegen den “Terrorparagrafen” 129 a in der Hamburger City beobachtet, die zuvor von der Polizei aufgelöst worden war. […]

Gilani sprach Polizisten an, worauf diese ihn Augenzeugen zufolge wegstießen und sagten: “Halts Maul!” Dann wurde Gilani auf das rechte Ohr geschlagen und zu Boden geworfen. Sein Arm wurde nach hinten gedreht, dann wurde auch er in Gewahrsam genommen. Ein Journalist dokumentierte das Geschehen mit 40 Fotos. Im Bundeswehrkrankenhaus attestierte die Ärzte Gilani Hämatome und die Gefahr eines akuten Innenohrtraumas.

Über seinen Anwalt Jürgen Schneider erstattete Gilani Anzeige wegen Körperverletzung im Amt, im Gegenzug stellten die Polizisten einen Strafantrag wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt – Gilani soll sie “geschubst” haben. Während sich die Ermittlungen gegen die Polizisten dahinschleppten, bekam Gilani einen Strafbefehl über 200 Euro.

Der Schriftsteller legte Widerspruch ein, doch den geplanten Prozesstermin setze die Richterin auf Bitten der Staatsanwaltschaft überraschend ab.

Bei aller Kritik an den Polizisten muss also festgehalten werden, dass die Justiz immer noch weitestgehend objektiv und unabhängig ist (so objektiv und unabhängig eben, wie Menschen sein können).

Es gibt aber auch positive Meldungen über Polizisten – wie etwa die über Karolin M., die ihren Streifenkollegen durch ihre Aussage belastete und das Urteil von 6 Monaten Haft zu Bewährung möglich machte. Ihr Kollege Guido C. hatte den Jugendlichen Ömer K. wegen seiner verbalen Provokationen geschlagen. Den Rest dieser Episode schildert die taz folgendermaßen:

Dann ging es weiter zum Revier. Sie habe in jener Nacht den Vorfall nicht mehr angesprochen, gesteht M. “Ich wusste, dass er der Meinung ist, dass alles okay war.” Sie habe die Nacht über gegrübelt. “Ich wusste nicht,was ich machen sollte, ich hatte bei allem ein ungutes Gefühl.” Sie habe daher am nächsten Tag beim ihrem Dienstvorgesetzten über den Kollegen Guido C. erkundigt. Dabei sei der Vorfall zur Sprache gekommen, was dazu führte, dass C. Karolin M. privat aufsuchte und drohte: “Sag kein falsches Wort!” “Ich war überrascht und bekam Angst”, schildert M. das Nachspiel. Sie habe umgehend um eine Versetzung nach Norderstedt gebeten. Ob sie auf den Vorfall noch mal angesprochen worden sei, fragt Verteidiger Wellinghausen. “Ja”, sagt M. spitz. “Auf jeder Dienststelle – von allen Kollegen.”

Hoffen wir also, dass mehr PolizistInnen sich nicht einschüchtern lassen – seit 68 haben wir, sowohl die Gesellschaft also die Polizeibehörden, weiterentwickelt. Hoffen wir also, dass diese Entwicklung nicht hier aufhört oder sich gar wieder umkehrt, sondern weitergeht – und dass prügelnde Polizisten auch im Bewusstsein der Demonstranten die Außnahme sind. Denn eine Ausnahme sind sie zwar bereits, doch durch die Präsenz dieser Einzelfälle – wobei hier die Medien eher wenig mit zu tun haben, sondern eher die Geschichten, die unter Demonstranten verbreitet werden – ist immer noch unverhältnismäßig groß in den Köpfen vieler. Daran kann mam am ehesten etwas ändern, wenn mehr PolizistInnen so couragiert sind und auch entgegen des polizeilichen Zusammenhalts gegen ihre Kollegen aussagen. Dazu wiederrum sollten auch Behörden und Vorgesetzte etwas tun, um gegen diese Einzelfälle vorzugehen anstatt ihnen zu helfen, ihre Taten zu verschleiern und Verfahren zu verzögern. Eine rasche, umfassende Aufklärung sollte im Interesse aller sein in solchen Fällen – mit Ausnahme der uniformierten Prügler, denen ihre Uniformen schnellstens entzogen werden sollten.

 

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2 thoughts on “ACAB? Eher SCAB!”

Juhu! Jemand, der nicht bei facebook kommentiert! Oldschool!