(2) Warum ich Liberale nicht leiden kann

Weiter gehts mit der angekündigten Serie, heute sind die Liberalen dran, also nähern wir und den Strömungen, denen ich mich verbunden fühle (und die eigentlich das Opfer meines Rundumschlages sein sollten).

An sich glaubt der Liberale ja an die absolute Freiheit für alles und jeden in jeder erdenklichen Hinsicht. Der eine oder andere musste sich allerdings eingestehen, dass Dinge wie Justiz doch einen gewissen Sinn haben, also wird eine gewissen Begrenzung der Freiheit in Kauf genommen; die verschiedenen Strömungen unterscheiden sich denn auch in dem Maße, in dem dies geschieht.

Die “klassischen” Liberalen werden gerne als Adam Smith Jünger und damit als Wirtschaftsanarchisten verstanden [Vorsicht, 3 Absätze Wirtschaft]; sprich, die Wirtschaft tut, was sie will, denn nur dann ist sie auch effizient. Jemand verdient 1.000.000mal soviel wie ein Arbeiter? Dann ist seine Arbeit auch 1.000.000mal soviel wert wie die des Arbeiters. Wieso eigentlich? Kann man das so einfach bestimmen, oder kann man nicht vielmehr grob abstecken, wieviel mehr Arbeit wert sein kann und daran dann moralische Grenzen bestimmen? Gerne vorgebracht wird auch das Argument der einseitigen Dependenz; der Manager sichert Arbeitsplätze. Dumm nur, dass es ohne den Arbeiter auch dessen Arbeitsplätz nicht gibt, also liegt hier wohl eine gegenseitige Abhängigkeit vor.

Gut, aber ich wollte ja nicht so konkret werden; der Wirtschaftsanarchist (bleiben wir der Einfachheit halber bei diesem Begriff) ist davon überzeugt, dass die Wirtschaft nicht gut, aber effizient ist, jedenfalls in der Theorie. Demnach können nur Privatpersonen als Wirtschaftssubjekte fungieren, da sie nur jeweils ihre eigenen Interessen verfolgen und diese konkret abgesteckt sind. Der Staat dagegen ist grundsätzlich fremdbestimmt und daher schlecht; darüber hinaus kann er schon gar nicht die Funktion sämtlicher Wirtschaftssubjekte übernehmen. Nur, da stellt sich dann die Frage, ob es denn relevant ist, wessen Interessen der Staat als Wirtschaftssubjekt vertritt, solang er nur mit den selben Rechten am Markt ausgestattet ist wie alle anderen und sich auf einen Bereich beschränkt; die Fremdbestimmung erscheint mir übermäßig moralisiert für eine Ideologie, die auf Effizienz setzt und nicht auf Moral.

Ein weiteres Problem sind die Ideologen, die Darwin auf den Markt anwenden; da wird der Markt effizient, weil nur der Angepassteste/Stärkste überlebt und alle anderen ausgemerzt werden. Das gilt natürlich dann auch für die Arbeitswelt; die muss auch so funktionieren, dass es gar keine Regelungen gibt, sodass die am besten an die Bedürfnisse der Arbeitgeber angepassten Menschen die besten Löhne erhalten. Flexibilität wird grundsätzlich groß geschrieben in diesem Weltbild.

Was die Wirtschaftsideologen dann gerne vergessen [puh, fertig mit reiner Wirtschaft] ist das zweite Standbein des ganz klassichen Liberalismus; und das sind die Bürgerrechte. Der Liberale steht eigentlich ja stets für Selbstbestimmung des Individuums sowie eine grundsätzliche und gesunde Staatsskepsis. Nur – oft genug reicht dem Liberalen der Irrglaube, dass eine freie Marktwirtschaft Garant sei für eine liberale Gesellschaft. Dass Märkte frei, Menschen aber fremdbestimmt sein können ist durch zahllose Diktaturen bewiesen worden. Aber die “Smithianer” sind ja heutzutage glücklicherweise eh eine Minderheit; reden wir also erstmal noch über eine andere Minderheit, den Libertären/Anarchisten. Ja, das ist nicht ganz dasselbe; die Grenzen sind aber doch fließend.

Dieser Menschentyp steht für eine absolute Freiheit und rückt zunächst mal den Menschen, nicht die Wirtschaft in den Mittelpunkt. Nur – wer beschützt das Hab und Gut wenn nicht der Staat? Die Antworten darauf sind vielfältig, Kommunitarismus etwa, aber sie sind gleichzeitig kaum praktikabel; Parallelen zum pöhsen Sozialismus werden deutlich.

Hach, schöne Überleitung – denn wen mögen Liberale hierzulande gar nicht? Die Sozialisten. Gut, es gab und gibt die Linksliberalen; wer sich heutzutage aber als Liberaler versteht, meint meist die Definition der FDP, und der Liberale mag halt den Sozialismus nicht. Weil Sozialismus ist bäh und man kann wahlen mit, bzw dagegen, gewinnen. Oder auch nicht, wie NRW gezeigt hat. Egal. Jedenfalls ist es die Pflicht eines jeden Liberalen, gegen den Sozialismus zu kämpfen und sich gegen jede Form des Extremismus auszusprechen – außer er kommt aus den eigenen Reihen, wie etwa die Naziverbrecher in der Nachkriegszeit oder Möllemann.

Der Liberale hat, ähnliche wie der Konservative, ein gewisses Faible für Hemden, Karriere und Werte – erstere sind zwar frischer und teurer, aber sonst nimmt man sich da nicht viel. Auf die geistig-moralische Wende wartet man zwar noch, aber die Lösung für jedes Problem hat man bereits parat – das sind andere Werte. Entweder, die Leute trinken schon Eselsmilch und sind Dekadent (sprich, sozialistisch, obwohl, andererseits, Sozialismus=Armut aller, häh?), oder sie haben den Anstand vergessen (sprich, kapitalistisch). So können dann Kapitalisten, die sich dafür schämen (wieso eigentlich?) Kapitalismuskritik üben, ohne sich allzusehr selbst zu verleumden. Wenn alle über den Kapitalismus herziehen, dann macht man das eben auch – im Umfallen hat man schließlich Erfahrung.

Der Liberale ist oft gebildet und intellektuell, oder er versteht sich zumindest so. Damit erklärt sich auch ein wesentlicher Unterschied zum Konservativen – der Liberale spricht aus, was er denkt. Keine Höflichkeit, die bestimmte Worte verbirgt – nein, der Liberale spricht es aus, was er denkt. Eigentlich kein Problem, denn der Liberale ist ja eigentlich auch tolerant, allen gegenüber – außer natürlich auf dem Land, siehe Gotthard Deuse und Mügeln. Naja, ist ja auch egal, der Liberale ist für alle; außer natürlich, man will Gleichberechtigung gesetzlich festschreiben, denn das könnte Stimmen kosten und hat (Schreck lass nach) was mit dem Staat zu tun.

Ein bisschen Pathos mag der Liberale übrigens auch; natürlich kein Sozialistenpathos, sondern hübsch bürgerlicher Pathos. Das Lied unbedingt anhören; es ist wirklich schön.

Gegen Verschuldung der Liberale übrigens auch; immer doch. Nur, wo sparen kann er auch nicht sagen; außer natürlich bei den Arbeitslosen. Obwohl, eigentlich sollen die ja ein ganz sozialistisches Grundeinkommen erhalten – etwas, das als sozialistisch gebrandmarkt wurde, aber als urliberale Idee gilt und u.A. von der FDP gefordert wurde. Dann schon lieber Steuern senken – weil Steuern=Staat=Sozialismus, und Sozialismus ist bäh. Wirklich.

Ach, noch einen ernsten Satz – für so ne Hildegard Hamm-Brücher oder nen Dahrendorf hätt ich damals auch mein Kreuz bei der FDP gemacht.

Nächstes Mal geht es dann endlich um die Strömungen innerhalb der deutschen Linken – wie man evtl gemerkt hat, hätte ich auch mehrere Artikel über die Liberalen und ihre einzelnen Strömungen schreiben können, aber darum geht es ja nicht.

 

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2 thoughts on “(2) Warum ich Liberale nicht leiden kann”

Juhu! Jemand, der nicht bei facebook kommentiert! Oldschool!