Montaseri tot

Die Nachricht kam recht überraschend – der iranische Großajatollah Hossein Ali Montaseri ist “in der Nacht zum Sonntag im Alter von 87 Jahren” gestorben. Mit ihm stirbt ein Großteil der Hoffnung der Demonstranten, Regimegegner und Oppositionellen.

Montaseri galt als der zweitwichtigste Geistliche des Irans; zum einen war er lange Zeit als Nachfolger Chomeinis im Gespräch, zum anderen hatte es bis zuletzt einen großen Einfluss auf die schiitischen Geistlichen. Er hatte enorm viele Anhänger; konservative ebenso wie junge, reformorientierte IranerInnen. Und zuletzt hatte er durch eine Fatwa auf sich aufmerksam gemacht, in der er indirekt zum Widerstand aufrief:

Ohne den Revolutionsführer beim Namen zu nennen, schreibt Montazeri: Sollte ein Verantwortlicher seine weltlichen und religiösen Pflichten versäumt und das Vertrauen des Volkes missbraucht haben, gelte er automatisch als abgesetzt. Sollte er jedoch versuchen, durch Gewalt, Lug und Trug sich an der Macht zu halten, seien die Gläubigen verpflichtet, mit allen gesetzlich erlaubten Mitteln ihn abzusetzen. Kein Gläubiger dürfe sich, unter welchem Vorwand auch immer, dieser Verpflichtung entziehen.

Das Problem hierbei ist allerdings, dass eine Fatwa mit dem Ableben des für sie verantwortlichen Geistlichen als “abgelaufen” gilt. Montaseri, der jahrelang unter Hausarrest stand, wurde gerade von den konservativeren Schichten hauptsächlich wegen seiner Vergangenheit verehrt; seine Fatwa galt entweder als Bruch mit dieser oder als Bruch der Regierung mit ihren eigenen Wurzeln. Dieses Dilemma könnte sich nun für manch einen lösen – das Dilemma, sich für einen der islamischen Geistlichen zu entscheiden, die sich auf die islamische Revolution berufen. Da die Fatwa nun bei den meisten als ungültig gilt, könnte ein Standbein der Opposition – nämlich die Unterstützung durch weite Teile der Geistlichkeit – mehr als nur ins wanken geraten.

Interessant ist hierbei auch, dass die staatliche Nachrichtenagentur Irna scheinbar von seinem Tod berichtete, ohne seinen Titel zu erwähnen. Sollte damit seine Legitimität und die der Protestbewegung noch zusätzlich untergraben werden? Je nachdem, wie sehr man sich in die Richtung bemüht, besteht natürlich die Möglichkeit, dass Anhänger Montaseris sein Andenken angegriffen sehen und sich weiter von der Regierung entfernen. So dumm werden Ahmadinedschad und Co. aber wohl kaum sein; wahrscheinlicher ist, dass nun eine Entspannung der Lage folgen wird, die vor allem Chamenei und “seiner” Regierung nützen wird.

In den nächsten Tagen wird wohl seine Beerdigung für Schlagzeilen sorgen, auf der Tausende von Menschen erwartet werden, die wohl mehrheitlich Regimekritisch sein werden und vor denen die Regierung Angst haben wird. Wird sie versuchen, die Massen zu beruhigen und durch eine Würdigung Montaseris an sich zu binden, oder wird sie versuchen, weiterhin mit harter Hand gegen die DemonstrantInnen vorzugehen um jeden Widerstand im Keim zu ersticken?

 

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