Das Regime zeigt Stärke

Im Iran wurde nun eine Trauerfeier aufgelöst, zu der die Opposition aufgerufen hatte. Dabei gingen die Sicherheitskräfte unter anderem mit Schlagstöcken gegen die Demonstranten vor; Moussavi wurde an der Teilnahme gehindert und in seinen Wagen zurückgedrangt. Die Trauerfeier sollte unter anderem an Nedas Grab stattfinden und zu Ehren aller Opfer der Unruhen im Iran stattfinden; sie wurde als “Toleranztest” für das Regime bezeichnet. Davor hatte man sich versöhnlich gezeigt:

Das Vorgehen der Polizei zeigt, dass im Gegensatz zu den Ankündigungen des politischen Establishments weiterhin gewalttätig gegen die Protestbewegung vorgangen und damit die Spannung in der iranischen Gesellschaft wieder erhöht wird. In den vergangenen Tagen wurden zahlreiche festgenommene Demonstranten freigelassen und das zentrale Gefängnis Kahrisak auf Geheiß des geistlichen Führers geschlossen. Präsident Mahmud Ahmadinejad sprach dabei von der notwendigen “Milde des Islams”. Oppositionsführer Mussawi hatte in diesem Zusammenhang die heutige Trauerzeremonie als Test für die iransiche Regierung bezeichnet.

Verbrechen in den Gefängnissen?

Ex-Staatspräsident Mohammad Chatami wirft nach Angaben der Nachrichtenagentur afp den Behörden vor, in den Gefängnissen “Verbrechen begangen” zu haben. Am Wochenende hatte es Berichte darüber gegeben, dass dort zwei Demonstranten ums Leben gekommen waren. Insgesamt waren infolge der Proteste gegen die Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad zwischen 1000 und 2000 Menschen verhaftet worden, die bis auf rund 250 wieder auf freiem Fuss sein sollen. Bei den Demonstrationen kamen zudem offiziellen iranischen Angaben zufolge 20 Menschen ums Leben gekommen. Ein Abgeordneter hatte vor kurzem aber von 30 Todesopfern gesprochen.

Die Frage, die sich nun zwangsläufig stellt, ist, wieso man sich so widersprüchlich verhält. Da zeigt man sich gnädig, was Verhaftungen angeht, und lässt zahllose Gefangene frei, aber gleichzeitig ist man nicht willens, eine einfache Trauerfeier zu genehmigen. Was ist der Sinn und Zweck des Ganzen?

Möglicherweise wollte man damit verhindern, dass Neda zu einer “echten” Ikone des Widerstands hochstilisiert wird; nicht umsonst hat man erstaunliche Veränderungen im Vorgehen der Sicherheitskräfte bemerken könne, die plötzlich Frauen mieden und etwas weniger gewalttätig vorgingen. Darüber hinaus war man geradezu krampfhaft bemührt, “Probleme”, wie “versehentlich” getötete Demonstranten, möglichst schnell und unaufällig, im Zweifelsfall im Rahmen einer “Expressbeerdigung”, zu beseitigen. Dazu übte man dann auch gerne Druck auf die Familien der Opfer aus. Und nun wollen sich diese Demonstranten ihre Trauer nicht nehmen lassen, ja, sie trauern nicht nur um die Opfer im Allgemeinen, nein, sie müssen auch noch Neda im speziellen mit einbeziehen? Das war also die einzige logische Reaktion der Regierung; gleichwohl war die Opposition auch nicht dümmer, durch das Hochstilisieren der Trauer selbst als Test schafft man sich eine andere Ikone und hat die Religion mal wieder auf seiner Seite. Denn Trauern, das ist nicht nur ein Aspekt der dem Islam zu eigen ist; es ist ein klassisches religiöses Motiv, pantheistisch geradezu, und wie mancher Kommentator in den vergangenen Tagen bemerkte (inwiefern dies stimmt weiß ich allerdings nicht) ist die Trauer ganz besonders ein Aspekt des schiitischten Islams, der wegen der Trauer um Ali im Vordergrund steht.

Die Regierung nimmt ihnen also ihre Trauerfeier, und die Opposition hat mal wieder gute Chancen, dies als einen besonderen Grund gegen sie zu verwenden – gleichzeitig nimmt die Regierung den Demonstranten aber auch eine derart offensichtliche Ikone wie Neda und die Opfer, mit der man möglicherweise noch größere Massen mobilisieren könnte. Dabei zeigt das Regime auch gleichzeitig Stärke und dass es die Demonstranten nicht auf seiner Nase rumtanzen lässt. Klingt wie ein Schachspiel? Funktioniert auch so! Momentan ist man bei einem Patt, weiß ist in der Defensive.

Naja, ich freue mich schon auf die Extra 3 Variante des “Iranspiels”.

 

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2 thoughts on “Das Regime zeigt Stärke”

Juhu! Jemand, der nicht bei facebook kommentiert! Oldschool!