Letzte Woche war Bildungsstreik; und so manch einer wunderte sich, was denn all die jungen Leute eigentlich wollten. Da trat man an mit Flyern, auf denen viel zu viele Forderungen und viel zu viel Text im Allgemeinen standen; und diese Forderungen waren auch noch oft utopisch und recht weit hergeholt. Entweder, es waren Forderungen, die man regional umsetzen konnte (wie kostenloses Mittagessen für alle oder Programme zur finanzielle Unterstützung sozial Schwacher bei den Lehrmitteln), oder es waren welche, die kaum überhaupt umsetzbar waren (wie die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems, der Ausstieg aus dem Bologna-Prozess und des G8). Was war also das Ziel einer solchen Veranstaltung?
Schließlich streikte man hier ja auch nicht in einem Betrieb, dem man wirtschaftlichen Schaden durch den Streik zugefügt und damit zu einer bestimmten Handlungsweise genötigt hätte, sondern man streikte an öffentlichen Bildungseinrichtungen; die Leidtragenden waren hauptsächlich die Studierenden (es sei denn, in dieser Woche kam Unterrichtsstoff dran, der einen technischen Studiengang überhaupt erst ermöglicht hätte und wegen dem die Industrie nun weniger “Techniker” aus diesem Jahrgang erwarten könnte…
Warum also?
Die Antwort ist recht simpel, und ich habe sie recht oft gegeben, aber ich möchte dann doch noch einmal betonen, dass ich nicht der einzige bin:
Dieser Streik zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Sie von allen Seiten umarmt werden. Die Uni-Präsidenten unterstützen Ihren Protest, auch von den Kultusministern werden Sie gelobt. Fühlen Sie sich eigentlich ernst genommen?
Durchaus. Uns ging es zunächst vor allem darum, überhaupt auf unsere Probleme an den Schulen und den Unis aufmerksam zu machen. Ich denke, das ist uns gelungen. Dass die Minister nun alles toll an uns finden, ist ihnen nicht wirklich abzunehmen. Ich denke aber, dass auch das die meisten Leute durchschaut haben.
Diese Worte könnten zwar von mir stammen, wirklich äußern tat sie allerdings Jared Herbig, einer der Hauptverantwortlichen für den Bildungsstreik.
Tja, Politik ist halt oft nur Lobbyarbeit, und beim Lobbyismus geht es immer darum, wahrgenommen zu werden.
Achja, und ich hatte recht.
Ätschebätsch.
Der Bildungsstreik ist zweischneidig: Bis auf die etwas verschlafene Schavan – die als Verantwortliche Kultusministerin in Hessen das erste Berufsverbot seit dem kleinen Kulturkampf mit den 68ern aussprach und was erst vor kurzem gerichtlich kassiert wurde -, also alle bis auf diese Überzeugungstäterin verstanden es alle, dass es ihnen nicht weh tat, wenn sie diesen “Streik” gut finden: Rektoren verstanden pädagogisch geschult ihre Studenten, die FAZ verstand auf einmal auch alles, regionale Radiostationen sendeten “Schwerpunkte der Woche” und ähnlichen Kram. Verständnis überall. Bis auf die Jungliberalen, diese Streikbrecher, hat jeder das politische Understatement drauf gehabt. Weil: Es war und ist ja folgenlos. Bologna wird angepasst werden, Humboldt ist jedoch endgültig passé. Beides ist jedoch unabhängig vom Bildungsstreik.