Künstler gegen Ahmadinedschad

Geistliche der Stadt Ghom, Ayatollahs, ehemalige Staatspräsidenten, Politiker, Journalisten – alle haben sie sich hinter die Protestbewegung gestellt. Mohammad-Resa Schadscharian hat sich nun eingereiht in die Reihe derer, von denen vor den Wahlen – wenn überhaupt – wenig Kritik am Regime erwartet wurde; Qantara berichtete über sein Verhalten der letzten Tage.

Sein Prinzip war es stets, sich aus der Tagespolitik herauszuhalten. Aber jetzt ist ihm offenbar doch der Kragen geplatzt: Mohammad-Resa Schadscharian.

Angesichts Dutzender toter Demonstranten und Tausender Inhaftierter im Verlauf der Niederschlagung der Demokratiebewegung im Iran, will er, einer der berühmtesten Sänger der klassischen persischen Musik, dessen Stimme wohl mehr als jede andere im Iran verehrt wird, nicht mehr schweigen.

Mohammad-Resa Schadscharian hat dem iranischen Staatsrundfunk verboten, seine Musik zu senden.

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Bemerkenswert ist, dass sich der Staatsrundfunk bislang an die Aufforderung des Musikers gehalten hat.

Spektakulärer Schlag gegen die Machthaber

Schadscharian versetzt der seit den umstrittenen Wahlen am 12. Juni ohnehin stark erodierten Legitimität des Staates einen Aufsehen erregenden Schlag, denn er genießt bei den Iranern im In- und Ausland eine ganz eigene Autorität, die auf seinem musikalischen Können, seiner Persönlichkeit und seinem Charisma beruht.

Er ist der meistgehörte Musiker im Iran. Bei seinen Konzertreisen füllt er die großen Säle von Paris, London und Berlin.

Die Künstler des Irans gelten ohnenhin als Regimekritisch; meist meint man damit allerdings eher die junge Avantgarde, die sich von den Autoritäten nichts mehr sagen lassen will und bestenfalls neben dem System herlebt. Mit Schadscharian hat sich nun ein Vertreter der Klassik hinter die Demonstranten gestellt, ein Vertreter ebenjener Schicht, die zu vertreten Ahmadinedschads Regierung für sich in Anspruch nimmt. Eventuell wird dies denn auch Auswirkungen auf diese Regierung haben; den Einfluss gerade der klassischen Musiker im Iran darf man nie unterschätzen. Gerade ein “Ostad” genießt in der Region eine enorme Verehrung, die ihm einen Sonderstatus verleiht; ein Sonderstatus, der sich im übrigen auf Geschichte, Kultur und Bevölkerung des Landes stützt. Die Nationalisten und Patrioten dürfte er also an die Demonstranten binden, die Geistlichen sind bereits gespalten (auch wenn der oberste Ayatollah da noch immer den größten Einfluss zu haben scheint) und die intellektuelle Elite kann mindestens zu den Sympathisanten gezählt werden, viele werden konkret zu den Initiatoren gehören. Die Hoffnung wächst.

 

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Juhu! Jemand, der nicht bei facebook kommentiert! Oldschool!