Iran verurteilt Journalistin zu 8 Jahren Haft

Die amerikanisch-iranische Journalistin Roxana Saberi wurde, wie ihr Anwalt bekanntgab, zu 8 Jahren Haft wegen Spionage für die USA veurteilt. Zum Ablauf berichtet die Tagesschau:

Die Journalistin war im Januar festgenommen und im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran inhaftiert worden. Im März hatten die iranischen Behörden erklärt, Saberi sei 2006 der Presseausweis entzogen worden und sie habe seitdem illegal als Journalistin gearbeitet. Ursprünglich war Saberi vorgeworfen worden, Alkohol gekauft zu haben, was im Iran verboten ist. Anfang April wurde Saberi wegen Spionage im Auftrag der USA angeklagt. Washington bezeichnete die Anschuldigungen als grundlos.

Für die Freilassung Saberis setzen sich sowohl das US-Außenministerium als auch mehrere Menschenrechtsorganisationen ein. US-Außenministerin Hillary Clinton hatte sich “tief besorgt” über die Anklageerhebung geäußert und die sofortige Freilassung der Journalistin gefordert. Anwalt Abdolsamad Chorramschahi kündigte an, das Urteil gegen Saberi anfechten zu wollen.

Die Journalistin hat eine doppelte Staatsangehörigkeit und lebt seit sechs Jahren im Iran.

Im Grunde genommen sind die Vorwürfe nichts neues – sie sind Standard, um missliebige Elemente loszuwerden. Seit Jahren hat man immer dieselben Vorwürfe – wer nicht Systemtreu berichtet, der ist ein möglicher Spion, wer auch die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, sowieso. Der Presseausweis ist üblicherweise relativ schnell entzogen, und Alkohol hat ja wohl irgendwie jeder Verurteilte gekauft, denn ein “wahrer Moslem” kommt ja nicht umhing, das Regime zu unterstützen.

So in etwa sieht jedenfalls die offizielle Variante aus.

Die USA setzen sich nun glücklicherweise für die Journalistin ein, und hoffentlich wird dieses Bemühen unter einem liberaleren Präsidenten von Erfolg gekrönt sein. Ahmadinedschad jedenfalls dürfte ganz froh sein – noch kann man mit dem Feindbild USA arbeiten, und dadurch, dass man es tut, wird es Obama schwerer fallen, eben dieses Feindbild durch Gespräche zu demontieren.

Obama muss also einerseits die Jounalistin retten, andererseits würde ein zu aufdringliches verhalten in der Richtung alle Bemühungen ad absurdum führen – erstens würde der Verdacht der Spionage sich verhärten, andererseits würde das Feindbild wieder gestärkt und damit solch ein Vorgehen auch in Zukunft, zumindest aus iranischer Sicht, legitimiert.

Ein Dilemma, aus dem ihm möglicherweise nur ein neues Präsident des Irans helfen kann. Oder aus dem er durch einen moralischen Verrat an dieser mutigen Journalistin rauskommt.

 

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12 thoughts on “Iran verurteilt Journalistin zu 8 Jahren Haft”

  1. ….erstens würde der Verdacht der Spionage sich verhärten, …..

    Das ist irrelevant, denke ich. Iran ist nicht faktenresistent, die wissen genau, was sie tun und was nicht; doof sind sie nicht – sie sind besessen von ihrem antisemitischen und antiamerikanistischen Wahn.

     
    1. Ich habs etwas missverständlich formuliert; ich wollte darauf hinaus, dass Kritik an diesem Urteil unwahrscheinlicher wird und dass den Radikalen ein Argument gegeben wird, mit dem sie ihre Position verteidigen können. Klar, der Regierung und der Justiz wird wohl immer klar sein, dass dies nicht stimmt – aber in die Propagandamaschinerie würde das trotzdem fließen.

       
  2. Ich finde es immer etwas schwierig, vom bequemen Schreibtisch aus mit einer Tasse Kaffee und sonstigem Luxus hochtrabend über Situationen und Konstellationen zu schwadronieren, von denen ich im Prinzip überhaupt keine Ahnung habe, aber ich versuchs mal trotzdem: Die USA können da machen was sie wollen, es ist immer verkehrt. Es gehört zur antisemitischen Wahnvorstellung, dass man immer und überall verfolgt wird, egal was “die” tun – es ist wirklich egal. Insofern nutzt auch kein rationales Herangehen, da man dies der Gegenseite nicht unterstellen kann.
    Ich weiß nicht mehr, von wem der Gedanke stammt, oder wo ich ihn aufgeschnappt habe, aber ich halte ihn für sehr schlüssig – ich gebe ihn mal als Zitat wieder, damit nicht der Eindruck entsteht, das ganze wäre auf meinem Mist gewachsen, aber es ist nicht wortwörtlich: “Früher (d.h. zu Zeiten des Kalten Krieges) konnte man davon ausgehen, dass die Gegenseite (gemeint ist Moskau) rational und überlegt handelt, man konnte die Reaktionen abschätzen. Die wussten das auch von uns, und so funktionierte Abschreckung und Gegenabschreckung, Diplomatie und das Lavieren am Abgrund. Heute sieht das ganz anders aus. Wir können nicht davon ausgehen, dass unsere Gegner (gemeint ist der islamistische Terrorismus bzw. Staaten im antisemitischen Wahnsystem wie der Iran) rational handeln. Das heißt, es funktioniert auch keine Abschreckung oder sonstiges planbares Handeln. Das ist das Dilemma, vor dem wir heute stehen.”
    In einer solchen Konstellation ist es verdammt schwierig, überhaupt irgendwie Politik zu betreiben, da man bei Politik im Allgemeinen von rational planbarem Handeln ausgeht. Aber hier muss Irrationalität mit eingeplant werden, aber wie macht man das bitteschön?

     
    1. @UTL:
      Irrationalität stimmt zwar, wenn es um das Handlungsschema einfacher Terroristen geht, aber ich kenn Politologen die mir of genug eine Rationalität der handlungsweisen des Irans bestätigt haben. Und wirklich, man kann da oft mehr Muster erkennen, als es uns lieb wäre – der Iran als ein Staat von Spinnern und Wahnsinnigen ist viel schöner und wäre weniger gefährlich. M.M.n. tun wirs uns damit allerdings viel zu leicht – der Iran ist berechnend.

      Das haben wir gesehen bei der Sicherung der Machtposition in den 80ern und 90ern, das hat man an der anfangs versöhnlichen und später Feindbild-orientierten Politik gegenüber der USA und das hast man an der Verwendung des Begriffs Zionismus in der öffentlichen debatte gesehen. Nicht zu vergessen die Afghanistan-Politik des Irans, die auf den ersten blick äußerst verwirend wirkt, die aber meist an iranisches Interessen orientiert war und weniger an idfeologischen gesichtspunkten. Ich kann dir auch konkretere Beispiele nennen, wenn du willst, ich müsste nur mal suchen ;)

      @pathoblogus:
      Wahnsinn, ein Blog ist persönlich und subjektiv, wie kommt man drauf. Ich habe jedenfalls nie behauptet, allwissend und stets objektiv zu sein. Und entschuldige bitte, wenn ich etwas voruteilsbeladen reagiere angesichts der Politik des Irans gegenüber Journalisten und Frauen. Dass da urteile und Verbrechen aus dem Ärmel geschüttelt wurden, die kaum etwas mit der Realität zu tun haben, wäre jedenfalls nichts neues. Aber du hast natürlich recht: Sie könnte auch eine Spionin sein. Ich glaube es nur nicht. Und in meinem Blog steht meine Meinung – fürs berichten von bloßen Fakten haben wir Medien und Agenturen.

       
    2. Ach ja, und bzgl des Vergleichs zwischen dem Kalten Krieg und und der heutigen Politik:
      Vllt wäre der Unterschied besser durch “Berechenbarkeit” als durch “Irrationalität” beschrieben. Denn beide Seiten verhielten sich gleich – war ihre Position doch ähnlich und daher auch die Vorgehensweise. Rationalität bedeutete das gleich.
      Heute haben wir politische Akteure mit vollkommen unterschiedlichen Ausgangsstandpunkten – daher bedeutet Rationalität nicht gleichzeitig Berechenbarkeit.

       
  3. Also der tendenziöse Ton: “die USA setzen sich glücklicherweise” für diese Frau ein, ist einfach unerträglich. Dass der Iran den starken Mann markiert steht außer Frage, aber dass an der Sache etwas dran ist zieht wohl keiner in Betracht? Ersparen wir uns Vergleichsszenarien ala: Wie könnte es einem iranischen Journalisten in den USA ergehen, wenn gleichartige Vorwürfe gegen ihn erhoben würden. Da käme es möglicherweise garnicht erst zu einem Prozess. Die Differenz zeigt höchstens noch der Umstand, dass der Iran es nötig hat sich außenpolitisch zu profilieren, warum dann nicht gleich zwei Fliegen mit einer Klappe – das macht einen Spionagevorwurf aber nicht gleich zu einem Hirngespinnst. Wirklich, ein schwacher Blog!

    pathoblogus.wordpress.com

     
  4. Die Politik des Iran gegenüber Frauen leitet sich aus einer anderen geschichtlichen Entwicklung ab, andere Religion, andere Geschlechterrollen, was jede Kritik an derartigen Zusammenhängen schon mal von vornherein aushebelt. Das kurze Interregnum einer europhilen Schickeria (die nichts anderes als “mit unseren Worten” “menschenverachtend” war) ist der Bezugspunkt, auf den sich viele ehemalige Perser in Europa beziehen und es gegenüber dem heutigen Iran zurückwünschen. Auch Menschenrechte sind eine Konstruktion, die von uns auf die “moralischen Grundsätze” der Menschheit projiziert wird. In dieser Hinsicht ist also eigentlich ein Verstoß europäischer oder amerikanischer Regierungen gegen die Menschenrechtsverordnung viel schwerwiegender, als die Aufklärung, der eine solche Konstruktion entspringt ein genuin europäisches Phänomen ist.

    Bloß weil wir über das Internet und über das Fernsehen Zugang zu vielen uns fremden Gegenden haben, heißt das noch lange nicht, dass sich jedweder “Darsteller” in unserem Politainment-Programm auch dem Blickregime unserer anmaßenden Gerechtigkeitsdelirien unterwerfen muss. Aus dem Blickwinkel, dass ich aber auch nur ein Zuseher dieser Seifenoper bin, hätte ich aber nichts dagegen, wenn die gute Frau einfach gesteinigt würde.

    Das ist eben die Schwierigkeit mit solchen “Doppelagenten” (bitte nicht falsch verstehen). Als Journalist, also als Mitarbeiter an unserer Weltsichtkonstruktion, hat man es eben schwer, wenn man gleich 2 Pässe sein Eigen nennt. Ich glaube es geht nicht zu weit, wenn man solche Personen Zwitterwesen nennt.
    Laut irgendeinem Medium war die Dame ja sogar irgendeine Schönheitskönigin in den USA – quasi die personifizierte Provokation für eine objektive Nachrichtenerstattung, oder nicht? Da trifft die Gilmore-Girl-“Ich bin Journalist”-Schickse auf einen Weltzusammenhang, der sich dem guten westlichen Ton entzieht.

    Vielleicht sollte man sich über sowas mal Gedanken machen.

    pathoblogus.wordpress.de

     
    1. Also deine Darstellung des iranischen Bildes zu Frauen- und Menschenrechten ist doch arg einseitig und undifferenziert, mal von deiner Darstellung der Phase “westlicher orientierung” abgesehen; du übersiehst, dass diese schon mit Mossadegh angefangen hat – der dann natürlich von den USA gestürtzt wurde, aber er war auf seine Art nicht weniger “westlich” in deinem Sinne, d.h. demokratisch und modern als der Schah. “Europhile Schickeria” erscheint mir dann doch etwas weit hergeholt, auch wenn dieser begriff gut auf die Schahzeit an sich passt. Ich erinnere aber daran, dass nach der islamischen revolution erst einmal alle nichtislamischen und später viele nicht radikalislamischen Gruppierungen ausgeschaltet wurde – es gab sie, und sie hatten durchaus Unterstützung von großen Teilen der Bevölkerung.

      Ich bin Besitzer von 2 Pässen, und ich finde die Bezeichnung “Zwitterwesen” höchstens unterhaltsam. dass jemand mit 2 Nationalitäten eine Bedrohung für eine der beiden Nationen darstellt ist doch eine Schlussfolgerung, die im Kopf des betrachters entsteht und die ich auch bereits angedeutet habe. Gleichwohl weigere ich mich, dies als “Beweis” für ihre Funktion als “Doppelagentin” anzuerkennen – selbst wenn du diesen begriff jetzt lediglich auf loyalitäten bezogen und nicht auf den Spionagevorwurf bezogen verwendest. Jedenfalls finde ich es schon etwas dreist, die Frauen, die im Iran seit jahrzehnten für ihre Rechte kämpfen, mal eben so (implizit) als feindliche, westliche Kräfte darzustellen. Viele dieser frauen berufen sich nicht weniger auf den islam als die mullahs – nur auf ihre Art.

      @UTL:
      Also die Links von dir führen mich auch auf einige eher einseitig erscheinende Bücher und Seiten – Stop the Bomb ist mir bekannt als iranfeindliche und von islamophoben unterstützte Seite, während Namen wie Broder, de Winter und ähnliche vllt nicht für eine schlechtere Schreibart, aber doch für einen einseitigere Schreibstil sprechen. Und beim letzten (und bei dir ersten) Link kome ich auf ein buch, dem einer der Leser unterstellt, mit den begriffen “islam” und “Islamismus” falsch umzugehen; das wirkt schon abschreckend, ich werds mir aber demnächst wohl mal anschaun.
      Alle in allem nichts, auf das ich eine halbwegs (bin ja schließlich kein Wissenschaftler) wissenschaftliche Herangehensweise gründen würde, höchstens, um konträre Meinungen verarbeiten zu können, aber da nehm ich oft eher die Meinungen von amerikanischen Republikanern, die teilweise erstaunliche differenziert argumenieren. Auch wenn sie meiner meinung extremst zuwiderlaufen, aber wird doch langweilig wenn man nur sachen liest, die die eigene meinung bestätigen…

       
      1. Hab mich mal etwas schlauer gemacht über Stop the Bomb und musste mein Bild etwas verändern (ins positive), trotzdem nichts für mich ;)

         
  5. Ja, Politologie habe ich auch irgendwann mal studiert. Zum Thema Iran sind da zwei Bücher übrig geblieben ( klick & klick). Die These von der Berechenbarkeit totalitärer Systeme hat mich noch nicht wirklich überzeugt. Rationalität war vermutlich aber wirklich nicht der richtige Begriff.
    Hier gibt es einen guten Überblick über den Iran & seine Politik. Auf jeden Fall einen Blick wert, finde ich.

     

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